Wirtschaftliche Bilanz der chemisch-pharmazeutischen Industrie 2016 / Durchwachsenes Jahr für die deutsche Chemie
(ots) -
- Produktion steigt um 0,5 Prozent, Branchenumsatz sinkt um 3 Prozent
- Investitionen mit 7,1 Milliarden Euro auf hohem Niveau stabil
- Beschäftigung gleichbleibend bei 446.300 Mitarbeitern
- Prognose 2017: Produktionsplus von 0,5 Prozent, Umsatzplus von 1
Prozent
- Chemie 4.0: Die Chancen von Digitalisierung und Nachhaltigkeit
nutzen
2016 war ein durchwachsenes Jahr für die chemisch-pharmazeutische
Industrie. Trotz eines schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeldes
konnte Deutschlands drittgrößte Branche Investitionen,
Kapazitätsauslastung und Beschäftigung stabil halten. Die Produktion
wuchs aber weniger als erwartet. Gleichzeitig ging der Umsatz wegen
der erneut sinkenden Herstellerpreise zurück. Insgesamt stieg die
Chemie-Produktion um 0,5 Prozent. Ohne Pharmazeutika stagnierte die
Produktionsmenge. "Diese Bilanz mag in Anbetracht der politischen
Turbulenzen in Europa und der Verunsicherung vieler Marktteilnehmer
nicht überraschen - für uns ist sie gleichwohl unbefriedigend",
stellte Kurt Bock, Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie
(VCI), fest.
Prognose: Auch für 2017 sieht der VCI keine stärkere Dynamik für
die Chemie-Produktion: Der Verband geht von einer Steigerung um 0,5
Prozent aus. Der Gesamtumsatz sollte bei leicht ansteigendem
Preisniveau wieder um 1 Prozent auf 185 Milliarden Euro zulegen
können. Einen Wachstumsbeitrag erwartet der VCI lediglich vom
Auslandsgeschäft.
Zu den Aussichten der Branche sagte Bock: "Zum Jahresende hin ist
der Umsatz zwar wieder gestiegen, aber eine Trendwende können wir
darin noch nicht erkennen. Das Chemiegeschäft dürfte 2017 ohne
nennenswerte Dynamik bleiben, zumal die politischen Unsicherheiten
und konjunkturellen Risiken auf den Auslandsmärkten rund um den
Globus zugenommen haben. Die Verunsicherung wegen der anhaltenden
Wachstumsschwäche der Schwellenländer trägt dazu ebenso bei wie die
Sorge um die Stabilität Europas."
Daten und Fakten zur Jahresbilanz 2016 der deutschen Chemie
Umsatz: Bei rückläufigen Preisen von minus 2 Prozent verringerte
sich der Gesamtumsatz der chemisch-pharmazeutischen Industrie um 3
Prozent auf 183 Milliarden Euro.
Im Inland orderten die Kunden aus anderen Industriezweigen
deutlich weniger Chemikalien. Dadurch sank der Umsatz um 4 Prozent
auf 71,5 Milliarden Euro. Nur wenig besser verlief das
Auslandsgeschäft: Der Auslandsumsatz sank im Vergleich zum Vorjahr um
2,5 Prozent auf 111,5 Milliarden Euro.
Beschäftigung: Trotz des schwachen konjunkturellen Umfelds blieb
die Zahl der Arbeitsplätze in der Chemie- und Pharmaindustrie 2016
stabil. Die Beschäftigung ist mit 446.300 Mitarbeitern unverändert.
Investitionen und Forschungsetat: Nach vier Jahren steigender
Investitionen stagnierten die Ausgaben 2016 im Inland. Die
Chemieunternehmen investierten mit 7,1 Milliarden Euro nahezu gleich
viel (-0,3 Prozent) wie im Jahr davor. Die Investitionen der Branche
im Ausland waren rückläufig: Die Unternehmen investierten knapp 8,4
Milliarden Euro an ausländischen Standorten in Sachanlagen - fast 3
Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Die Forschungsbudgets der Branche wurden 2016 erneut aufgestockt.
Insgesamt gaben die Unternehmen rund 10,7 Milliarden Euro für
Forschung und Entwicklung aus - 2 Prozent mehr als im Vorjahr.
Chemie 4.0: Innovationen für eine Welt im Umbruch
Kurz- und mittelfristige Schwankungen der Konjunktur sind in einem
marktwirtschaftlichen System normal. Die Welt der chemischen
Industrie befindet sich aber darüber hinaus grundsätzlich in einem
Umbruch: Verschiebung der Wachstumszentren nach Südostasien sowie
Forcierung der Innovationsprozesse in Schwellen- und Industrieländern
verschärfen den internationalen Wettbewerb für die Unternehmen, die
am Standort Deutschland produzieren. Zudem muss sich die Branche
durch Globalisierung und Digitalisierung der Wertschöpfungsketten
darauf einstellen, ihre Produktionsweisen und Geschäftsmodelle zu
verändern.
"Ich bin überzeugt, dass wir erneut vor einer Weichenstellung
unserer Branche stehen. Chemie 4.0 drückt dies aus und ist mehr als
nur die weitere Digitalisierung der chemischen Industrie", betonte
VCI-Präsident Bock. "Chemie 4.0 steht für die Strategie, durch
Innovationen auf allen Ebenen nachhaltiges Wachstum für die Branche
zu erzeugen. Mit Chemie 4.0 arbeiten wir daran, dass wir unsere
globale Top-Position weiterhin behaupten - und so unseren Beitrag zum
Standort Deutschland auch in Zukunft leisten werden."
Die intensive Nutzung von digitalen Daten und die zunehmende
horizontale Vernetzung von Wertschöpfungsketten verändern das
Zusammenspiel der Unternehmen über Branchen hinweg. Die Chemie ist
Teil dieser Entwicklung: Vorausschauende Steuerung der Anlagen durch
"Predictive Maintenance", punktgenauer Einsatz von Pflanzenschutz-
und Düngemitteln in der Landwirtschaft durch "Digital Farming" oder
bessere Steuerung der Logistik sind nur einige Beispiele für
Anwendungsfelder, bei denen digitalisierte Informationen zur
Steigerung der Kosten- und Ressourceneffizienz bereits genutzt
werden. Auch Forschung und Entwicklung profitieren stark von den
Auswertungsmöglichkeiten großer Datenmengen. Mit Chemie 4.0, so der
VCI, will die Branche zudem ihre Funktion in den Wertschöpfungsketten
weiterentwickeln. Das Ziel: Nicht nur Lieferant von Vorleistungen zu
sein, sondern sich als Anbieter von ganzheitlichen Lösungen für die
Kunden zu etablieren. 3D-Druck ist hier ein Beispiel für ein neues
Geschäftsmodell.
"Unter Chemie 4.0 verstehen wir mehr, als nur die Chancen zu
nutzen, die sich durch die Digitalisierung eröffnen. Nachhaltigkeit
wird zum umfassenden Leitbild und Zukunftskonzept für das Handeln der
Branche. Das unterstreicht unsere Nachhaltigkeitsinitiative Chemie3",
betonte Bock. Dazu gehöre, dass die Chemie eine wichtige Funktion in
einer Kreislaufwirtschaft durch die Wiederverwertung
kohlenstoffhaltiger Abfälle übernehmen könne. Aber auch die
mittelfristige Perspektive, Wasserstoff aus erneuerbaren Energien in
Kombination mit CO2 für die Produktion von Grundchemikalien
einzusetzen.
HINWEIS: Eine interaktive Übersicht mit mehr Informationen zu den
vier Entwicklungsstufen Chemie 1.0 bis 4.0 seit 1865 finden Sie auf
VCI-Online hier: http://bit.ly/chemie-1-0-bis-4-0
Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von mehr
als 1.650 deutschen Chemieunternehmen und deutschen
Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber Politik,
Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und den
Medien. Der VCI steht für mehr als 90 Prozent der deutschen Chemie.
Die Branche setzte 2016 rund 183 Milliarden Euro um und beschäftigte
über 446.000 Mitarbeiter.
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Datum: 08.12.2016 - 12:27 Uhr
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