Kölnische Rundschau: zur Wiedereröffnung der ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang
(ots) - Vermutlich jeder Rheinländer kennt sie, die ehemalige
nationalsozialistische "Ordensburg" Vogelsang, die das
Landschaftsbild über dem Urftsee beherrscht. Viele erinnern sich noch
aus Kindertagen an den Fernblick auf einen damals meist
unzugänglichen, weil im militärischen Sperrgebiet liegenden Ort. Eine
wirkungsvolle, theatralische Architektur, und genau darin liegt das
Problem: Robert Ley, der vermeintlich gemütliche Nazi aus dem
Oberbergischen, hat eine ganze Gebirgslandschaft zur Bühne seiner
Inszenierung gemacht. Wie geht man mit einem solchen Monstrum um?
Während der Umgang mit den die NS-Ferienbauten von Prora auf Rügen,
auch so eine gigantische Ley-Hinterlassenschaft, von Hilflosigkeit
der Denkmalpfleger und Geschäftssinn der Investoren zeugt, scheint
der Zugriff in Vogelsang gelungen. Farbige, kristallin wirkende
Architekturelemente durchbrechen den mit Bruchstein kaschierten
Stahlbeton der 30er Jahre. Leys Bau, der bis in die 90er Jahre
ehemaligen NS-"Junkern" als Erinnerungsort für ihre vermeintlich
harmlose Kameradschaft diente und bis heute gern von
Rechtsextremisten als Kulisse genutzt wird, wird so förmlich
ausgehöhlt und zugänglich gemacht. Dem entspricht das Konzept der
historischen Ausstellung mit ihrer zunächst verwirrend anmutenden
Kleinteiligkeit, dem Durchbrechen jeder monumentalen NS-Inszenierung,
dem akribischen Blick aufs einzelne Dokument. Das ist nicht griffig,
das ist nicht leicht konsumierbar. Das ist eine notwendige Zumutung.
Vogelsang war kein Ort von Massenverbrechen wie die
Konzentrationslager, keine Zentrale des Terrors wie das Berliner
Prinz-Albrecht-Gelände. Vogelsang war Schauplatz des übergroß
angelegten und bald gescheiterten Versuchs von Robert Ley, mit den
Finanzmitteln seiner "Arbeitsfront" die Funktionärsausbildung der
NSDAP unter seine Kontrolle zu bringen - und ist insoweit ein
europaweit einmaliges Denkmal, denn die anderen ehemaligen
"Ordensburgen" sind heute Kasernen und keine Lernorte. Die
konstruktive Aushöhlung, die Architekten und Historiker in Vogelsang
betrieben haben, erlaubt es auch, andere Geländeteile für heutige
Zwecke in Besitz zu nehmen, was ja auf den ersten Blick als ziemlich
befremdliches Unterfangen wirken könnte: Hier die zentrale
Anlaufstelle des Nationalparks Nordeifel mit effektvoller
Multimediaschau, da das Kulturkino, dort ein keineswegs ganz normales
Schwimmbad. Das Erbe der belgischen Militärs illustriert
Nachkriegsgeschichte bis an den Anfang des 21. Jahrhunderts, die
Schau "Wildnis(t)räume" erlaubt einen Blick in die Zukunft, in das
urwaldartige Ökosystem, das im Nationalpark entstehen soll. Ein guter
Abschluss eines langen, oft quälenden Planungs- und Baugeschehens.
Und aus heutiger Sicht ist es kaum mehr nachzuvollziehen, dass es
Überlegungen gab, die Anlage einfach verfallen zu lassen.
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Datum: 08.09.2016 - 09:35 Uhr
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