Schwäbische Zeitung: Glaubwürdig wäre nur der Ausschluss - Leitartikel zum McLaren-Report
(ots) - Als wir uns auf Sotschi vorbereitet haben, da
haben wir den Skisport revolutioniert. Wir wussten, dass wir in der
Heimat keine falschen Siege wollen." Witali Mutko hat das gesagt,
Russlands Sportminister. Witali Mutko sagte auch: "Wir hatten nie
eine Politik der Vertuschung." Genau das aber ist nun durch den
McLaren-Report offenkundig belegt: Doping gemäß staatlichem
Masterplan gab es während der Winterspiele 2014 im Gastgeberland, von
einem Ausmaß, einer Perfidie jenseits aller Vorstellung, angeordnet
von oben. Von ganz oben. Vom Sportministerium.
33 Medaillen haben russische Sportlerinnen und Sportler in Sotschi
gewonnen, 13 waren goldene. Wie viele regelkonform erreicht wurden,
wie viele dank Methenolon, Trenbolon und Oxandrolon - das ist das
eine. Samt umzuschreibender Ergebnislisten, samt Olympiasiegern im
Nachrückverfahren, samt der Wut, als (sauberer) Athlet, als
(zahlender) Zuschauer getäuscht, betrogen worden zu sein. Dass, nur
nebenbei, die olympische Idee verkauft wurde, stört allenfalls noch
Romantiker. Dass im Moskauer Anti-Doping-Labor über Jahre hinweg
positive Proben verschwunden sind, rundet das Winter- zum
Ganzjahres-Schreckensbild ab.
Das andere ist: die Frage nach der Konsequenz. Verantwortung für
die Geschehnisse vor und hinter dem ominösen Loch in Sotschis
Laborwand, für den Austausch der Urinproben, trug nicht der einzelne
Gedopte, nicht dessen Sportfachverband. Hier lief eine
geheimdienstlich gesteuerte Maschinerie rund, liegt ein massiver
institutioneller Eingriff in die Integrität des Sports vor. Will der
seine Glaubwürdigkeit wiedererlangen und meint es das Internationale
Olympische Komitee ernst mit der so gern propagierten
Null-Toleranz-Politik, ist ein Ausschluss Russlands von den
Sommerspielen jetzt in Rio de Janeiro alternativlos. Und doch wäre er
nur ein erster Schritt. Der nächste müssten unabhängige
Kontrollinstanzen sein. Überall. In jedem Land. Nur so kann vermieden
werden, dass vermeintliche Wächter Täter sind.
Der Weg ist abgesteckt. Ob ihn der Sport gehen wird? Besagte
Romantiker zumindest bezweifeln das.
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Datum: 18.07.2016 - 18:53 Uhr
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