KfW-Konjunkturkompass Brexit-Update: Belebung in Deutschland und Eurozone fällt aus
(ots) -
- KfW Research senkt Wachstumsprognose Deutschland für 2016 auf
1,5 %, für 2017 auf 1,2 %
- Prognoserevision Eurozone für 2016 auf 1,3 %, für 2017 auf 1,1 %
Das "Ja" der Briten zum Brexit bremst die erwartete konjunkturelle
Belebung in Deutschland und der Eurozone aus. KfW Research revidiert
infolge des Referendums vom 23. Juni 2016 die Konjunkturprognosen für
das laufende Jahr und für 2017 nach unten: Die deutsche Wirtschaft
dürfte 2016 mit 1,5 % etwas weniger (Vorprognose 1,7 %), im kommenden
Jahr mit 1,2 % deutlich schwächer (Vorprognose 1,8 %) wachsen als
zuvor erwartet. Die Wachstumsraten der Eurozone werden auf 1,3% im
Jahr 2016 und 1,1 % im Jahr 2017 korrigiert (Vorprognosen 1,6 % bzw.
1,8%).
"Das Brexit-Votum ist ein Eigentor für das Vereinigte Königreich,
doch auch in der Eurozone und in Deutschland wird die Entscheidung
konjunkturelle Bremsspuren hinterlassen", sagt Dr. Jörg Zeuner,
Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe. Großbritannien leide zusätzlich
zur ökonomischen Unsicherheit aus dem unklaren künftigen Verhältnis
zur EU an politischen Unwägbarkeiten. "Parteien müssen sich teilweise
neu aufstellen, nicht einmal der Fortbestand des Vereinigten
Königreichs in seiner jetzigen Form ist sicher", so Zeuner. Vor allem
Banken überdächten ihre Standortentscheidungen. Die Pfundabwertung
könne angesichts des relativ kleinen Exportsektors nicht zu einem
wirkungsvollen Stabilisator werden. "Auch eine stimulierende
Geldpolitik wird nicht verhindern, dass die britische Konjunktur im
zweiten Halbjahr deutlich an Fahrt verliert", erwartet Zeuner.
In Deutschland dürften insbesondere die Exporte und
Unternehmensinvestitionen schwächer ausfallen. Für die deutsche
Automobilindustrie ist Großbritannien ein wichtiger Absatzmarkt, aber
auch für die heimischen Chemie- und Pharmaunternehmen. Die
Exportdynamik wird einen merklichen Dämpfer erhalten, nicht nur weil
Exporte in das Vereinigte Königreich selbst geringer ausfallen
werden, sondern auch weil das Votum der Briten die Konjunktur bei
anderen Handelspartnern schwächt. Angesichts der eingetrübten
Absatzperspektiven, gepaart mit der drohenden Phase lang anhaltender
Ungewissheit über das künftige Verhältnis zu Deutschlands
drittwichtigstem Exportmarkt, werden sich die Unternehmen mit
Investitionen zurückhalten. "Der deutsche Arbeitsmarkt und die
Binnennachfrage bleiben aber verlässlich aufwärts gerichtet und
entschärfen den externen Gegenwind. Insgesamt kann die deutsche
Wirtschaft in diesem und im nächsten Jahr in etwa ihre
Potenzialwachstumsrate erreichen, diese aber nicht - wie zuvor
gedacht - übertreffen", so Zeuner.
Als Folge der Austrittsentscheidung Großbritanniens wird auch die
Erholung der Eurozone einen Rückschlag erleiden. Die direkten
Auswirkungen dürften sich in Grenzen halten, denn der Außenhandel ist
für die Eurozone weniger bedeutend als für Deutschland allein.
Allerdings trifft die gestiegene Unsicherheit vor allem die
Volkswirtschaften der Eurozone, die noch immer mit den Spätfolgen der
Finanzkrise kämpfen. "Der Brexit belastet die noch fragile
Binnennachfrage in der Eurozone. Der schwache Bankensektor,
insbesondere in Italien, erschwert die Neukreditvergabe und dürfte
die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zusätzlich schwächen", so Zeuner.
"Insgesamt erwarte ich für die Eurozone einen temporären
Wachstumsdämpfer, aber keinen wirtschaftlichen Einbruch im Ausmaß der
Finanzkrise 2008/2009 oder der Eurokrise 2012".
Der KfW-Konjunkturkompass Brexit-Update ist abrufbar unter
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