Glyphosat: Absprachen zwischen Industrie und EU-Kommission aufgedeckt
(ots) - Rund eine Woche vor der entscheidenden
Abstimmung über die Zukunft des Unkrautvernichters Glyphosat gerät
EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis in Erklärungsnot. Im
April hatte der Kommissar die Industrie öffentlich dazu aufgefordert,
bisher geheime Krebsstudien zu Glyphosat zu veröffentlichen. Wie das
Umweltinstitut München und GLOBAL 2000 anhand einer Anfrage nach
EU-Verordnung 1049/2001 nun aufdeckten, war der Vorstoß vorab mit der
Industrie abgesprochen. Die Organisationen werfen dem Kommissar eine
gezielte Täuschung der Öffentlichkeit vor und fordern ihn auf,
unverzüglich für die Veröffentlichung der geheim gehaltenen Studien
zu sorgen.
Am 4. April sorgte der Gesundheitskommissar für Aufmerksamkeit,
als er die Industrie medienwirksam aufforderte, bislang unter
Verschluss gehaltene Studien zur Krebsgefahr von Glyphosat zu
veröffentlichen. Der Kommissar begründete seine Aufforderung mit dem
hohen öffentlichen Interesse an Transparenz im Fall von Glyphosat.
Die Industrie schlug darauf noch am gleichen Tag die Schaffung von
Leseräumen vor, in denen die Studien unter strengen Auflagen
eingesehen werden könnten.
Die rasche Reaktion war jedoch kein Zufall: Das nun vom
Umweltinstitut und der österreichischen Umweltorganisation Global
2000 veröffentlichte Protokoll einer Telefonkonferenz zwischen
Vertretern der EU-Kommission, der Europäischen Lebensmittelbehörde
EFSA und der Industrie belegt, dass Brief und Antwort bereits Wochen
zuvor zwischen den Beteiligten abgestimmt wurden.
Dazu erklärte Jurek Vengels, Referent für Verbraucherschutz beim
Umweltinstitut: "Mit seiner Forderung nach Transparenz bei den
Glyphosat-Studien hat Andriukaitis den Eindruck erweckt, er kümmere
sich um die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Jetzt
stellt sich heraus, dass alles vorab mit der Industrie abgesprochen
war. Der Brief war wohl nichts anderes als eine Beruhigungspille für
die Öffentlichkeit. Andriukaitis muss jetzt Stellung beziehen, ob er
die Bürgerinnen und Bürger gezielt getäuscht hat."
Doch die Kritik der Umweltschützer geht noch weiter. Die unter
Verschluss gehaltenen Studien sind das wichtigste Argument der
Zulassungsbehörden und der Industrie, weshalb sie bei Glyphosat zu
einer anderen Bewertung kommen als die KrebsforscherInnen der
Weltgesundheitsorganisation, die keinen Zugang zu diesen Studien
hatten. Obwohl Andriukaitis in seinem Schreiben betont, wie wichtig
die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse wäre, hat sich auch
zwei Monate später nichts an der Geheimhaltung geändert. Weder wurden
die Studien offengelegt, noch die von der Industrie vorgeschlagenen
Leseräume eingerichtet. Global 2000 und das Umweltinstitut haben
deshalb eine Anfrage an die Kommission auf Zugang zu den Studien
gestellt.
"Wenn Andriukatis tatsächlich an Transparenz gelegen ist, hat er
jetzt die Gelegenheit dies zu beweisen, indem er für die
Veröffentlichung der geheimen Glyphosat-Studien sorgt. Solange das
europäische Zulassungsverfahren für Pestizide auf geheimen Studien
der Pestizidhersteller basiert, wird es kein Vertrauen der
Verbraucher und Verbraucherinnen geben", erklärte Helmut Burtscher,
Umweltchemiker und Vorstandsmitglied bei Global 2000.
Die Dokumente finden Sie hier: http://ots.de/aHFWY
Der Brief des Kommissars an die Glyphosat-Industrie vom 4. April
2016
Das Antwortschreiben der Glyphosate Task Force mit gleichem Datum
Das Protokoll der Telefonkonferenz zwischen EU-Kommission und
Industrie am 17. März
Die Anfrage von Umweltinstitut und GLOBAL2000 an die Kommission
Pressekontakt:
Umweltinstitut München
Jurek Vengels
jv(at)umweltinstitut.org
Referent für Verbraucherschutz
Tel: 089 - 30 77 49 14
Fabian Holzheid
fh(at)umweltinstitut.org
Vorstand, Pressesprecher
Tel: 089 - 30 77 49 19
Mobil: 0171 - 79 55 189
Global 2000
Helmut Burtscher
helmut.burtscher(at)global2000.at
Umweltchemiker, Vorstandsmitglied
Tel: +43 - 699 1420 0034
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Datum: 16.06.2016 - 12:25 Uhr
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