"Zwischen Verehrung und Verachtung": ZDF-Doku am EM-Eröffnungsspieltag über Frankreichs Nationalteam und die Rassismus-Debatte (FOTO)
(ots) -
Nach dem EM-Eröffnungsspiel zwischen Frankreich und Rumänien, das
am Freitag, 10. Juni 2016, live im ZDF zu sehen ist, rückt die
jüngere Geschichte der Équipe Tricolore in den Blick. Seit dem
WM-Titel von 1998 stand diese im eigenen Land im Spannungsfeld
"zwischen Verehrung und Verachtung". In der Dokumentation von
ZDF-Sportreporter und "sportstudio"-Moderator Jochen Breyer geht es
ab 23.30 Uhr um die immer wiederkehrende Diskussion über Herkunft und
Hautfarbe der Nationalspieler. Ob es die jüngste Nichtnominierung des
Franzosen Karim Benzema für die EM oder die Äußerungen von AfD-Vize
Alexander Gauland zum deutschen Nationalspieler Jérôme Boateng waren
- eine neuerliche Rassismus-Debatte hat sich daran sowohl in
Frankreich als auch in Deutschland entfacht.
Als am 12. Juli 1998 Zinédine Zidane Frankreich ins Glück köpfte,
wurde die französische Nationalmannschaft für die Grande Nation zum
Symbol geglückter Integration. Das tief gespaltene Frankreich
bejubelte seine Fußballhelden, und für einen Moment entstand die
Vision einer neuen, versöhnten Gesellschaft, deren Vorbild die
Nationalmannschaft ist. Davon ist heute nur noch wenig übrig. Wie das
Land heute, wo die rechte Partei Front National zu einer fast
mehrheitsfähigen politischen Strömung geworden ist, mit einer
Mannschaft umgeht, deren Spieler zum Großteil Migrationshintergrund
haben, beleuchtet die Dokumentation "Zwischen Verehrung und
Verachtung". Jochen Breyer trifft in dem 30-minütigen Film ehemalige
und aktuelle Spieler, spricht mit denen, die aus den Vororten kommen,
ebenso wie mit denen, die über sie urteilen.
Lilian Thuram, Rekordnationalspieler der französischen
Nationalmannschaft, und Bixente Lizarazu, der überragende
Linksverteidiger, waren 1998 beim WM-Titelgewinn dabei und wissen,
wie sich das damals anfühlte. Sie wissen aber auch, dass die Euphorie
nicht lange anhielt. Heute engagiert sich Thuram gegen Rassismus,
sitzt im Integrationsrat der französischen Regierung, unterstützt
Jugendliche in den Banlieues und leistet in den Schulen
Aufklärungsarbeit. Inzwischen, erzählt Thuram, gelte die
Nationalmannschaft nicht mehr als Vorbild, sondern als Spiegelbild
einer in sich völlig zerrissenen Gesellschaft.
Nach den Skandalen und dem frühen WM-Aus 2010 in Südafrika wurden
die Spieler öffentlich als Abschaum beschimpft. Der damalige
Staatspräsident Nicolas Sarkozy sorgte sich um die "nationale
Identität" der Nationalmannschaft. Marine Le Pen, Chefin der Partei
Front National, ging noch einen Schritt weiter: Sie erkenne sich in
der Nationalmannschaft nicht wieder, die meisten Spieler trügen "eine
andere Nation im Herzen". Die Einheit war zerbrochen. In der
öffentlichen Wahrnehmung gab es "richtige" Franzosen und "falsche".
Daran hat sich bis heute wenig geändert. Im Gegenteil, die
französische Nationalmannschaft "L''Équipe Tricolore" ist Spielball
einer aufgeheizten Debatte, die seit den verheerenden Anschlägen in
Paris noch an Schärfe gewonnen hat. Denn wieder schaut Frankreich auf
die Banlieues und denkt an Terrorismus.
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Datum: 06.06.2016 - 16:23 Uhr
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