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WDR/ARD-Interview mit russischem Sportminister Mutko: "Wir wussten, dass wir in der Heimat keine falschen Sieger wollen"

ID: 1356551


(ots) -

Russlands Sport am Tiefpunkt: Ein Bericht der New York Times brachte
am 12. Mai 2016 erschütternde Hinweise auf russisches Doping bei den
Winterspielen in Sotschi 2014 - angeblich massenhaft und angeordnet
vom Sportministerium. Dessen Chef, Sportminister Vitaly Mutko, traf
die ARD vor wenigen Tagen zum exklusiven Interview.

Darin spricht Mutko auch über Reformbemühungen der vergangenen
Monate, den Umgang mit gesperrten Trainern und die Aussicht auf
Olympische Sommerspiele ohne russische Beteiligung.

Mehr als eine Stunde dauert das kontroverse Gespräch mit Vitaly
Mutko, das die ARD/WDR-Dopingredaktion am 28. April in Moskau führte
und das seit diesem Freitag in drei Sprachen und voller Länge auf
sportschau.de zu sehen ist. Dabei stellte sich der Sportminister
erstmals den Fragen von WDR/ARD-Reporter Hajo Seppelt, der in drei
großen TV-Dokumentationen das systemische Doping in der russischen
Leichtathletik offengelegt hatte.

Russlands Leichtathleten wurden in der Folge von internationalen
Wettkämpfen ausgeschlossen, bangen um ihre Teilnahme an den
Olympischen Spielen in Río de Janeiro. Zentrales Thema des Interviews
ist das Dopingproblem in der Leichtathletik. Einige Aussagen Mutkos
sind aber auch im Lichte der neuen Enthüllungen der New York Times zu
schweren Dopingvergehen bei den Winterspielen in Sotschi interessant.

So gesteht Mutko, seit 2008 Sportminister in Russland, erstmals ein,
dass er auf dem Feld der Doping-Bekämpfung mit seiner Bilanz nicht
zufrieden sei. "Ich kann nicht sagen, dass ich nach acht Jahren im
Amt großartige Erfolge in diesem Bereich verbuchen kann." Eine seiner
Erklärungen dafür: "Wir hatten ja auch viele andere große
Herausforderungen wie die Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele
in Sotschi. Als wir uns auf Sotschi vorbereitet haben, da haben wir




den Skisport revolutioniert. Wir wussten, dass wir in der Heimat
keine falschen Siege wollen."

Genau die aber hat es laut New York Times gegeben. Dutzende russische
Athleten, darunter mindestens 15 Medaillengewinner, seien bei den
Spielen in der Heimat gedopt an den Start gegangen - und zwar nicht
nur im Wissen des Sportministeriums, sondern sogar in dessen Auftrag.
So habe dieses vor den Spielen eine Liste mit Sportlern erstellt, die
Teil des Dopingprogramms sein sollten. Positive Dopingproben seien
während der Spiele in geplanten Nacht-und-Nebel-Aktionen ausgetauscht
worden - insgesamt angeblich rund 100. Erwischt wurde dadurch keiner
der Olympiasieger. Russland führte am Ende der Spiele den
Medaillenspiegel klar an.

"Ich wusste, dass ich meinen Fokus auf den Wintersport richten muss"

Das sah bei Mutkos Amtsantritt noch ganz anders aus: "Als ich
angefangen habe", sagte er im ARD-Interview und damit vor den
Enthüllungen der New York Times, "da haben wir bei den Winterspielen
in Vancouver drei Goldmedaillen geholt und waren damit auf dem elften
Platz. Das Durchschnittsalter im Skisport lag bei 37 Jahren. 37
Jahre! Ich wusste genau, was vor sich geht. Ich hatte mir die
Ergebnisse aus Turin angeschaut [von den Winterspielen 2006, Anm. d.
Red.] und da waren sieben von elf Siegern im Nachhinein wegen Dopings
disqualifiziert worden. Deshalb: Ich wusste, dass ich meinen Fokus
auf den Wintersport richten muss."

Dafür, dass es in Sotschi trotz mutmaßlichen Dopings keine
Disqualifikationen russischer Athleten gab, spielt ein Mann eine
wesentliche Rolle, der für die Recherchen der New York Times nun als
Hauptzeuge agiert: Grigory Rodchenkov. Der frühere Leiter des
Moskauer Anti-Doping-Labors entwickelte nach eigener Aussage nicht
nur den Doping-Cocktail aus drei verschiedenen Substanzen, sondern
koordinierte auch den regelmäßigen Austausch kritischer Proben
während der Spiele.

In einem offenen Brief fordert Rodchenkov den IOC-Präsidenten Thomas
Bach sowie den WADA-Präsidenten Craig Reedie nun dazu auf,
eingelagerte Dopingproben aus dem Jahr 2014 für Nachtests zu öffnen.
Im Frühjahr 2015 war er, schon damals schwer belastet durch die erste
WDR/ARD-Dokumentation mit dem Titel "Geheimsache Doping: Wie Russland
seine Sieger macht", auf öffentlichen Druck von seinem Posten als
Leiter des Anti-Doping-Labors zurückgetreten und aus Angst um die
eigene Sicherheit in die USA geflohen.

Auch zu Rodchenkov äußert sich Mutko im Interview mit
WDR/ARD-Reporter Hajo Seppelt. Der bittet ihn zu Vorwürfen Stellung
zu beziehen, wonach der russische Staat selbst darauf Einfluss
genommen habe, dass in ebendiesem Labor jahrelang Dopingproben unter
den Teppich gekehrt worden sind. Mutko indes will von einer
staatlichen Beteiligung an derlei Vorgängen nichts wissen. Im
Interview mit der ARD/WDR-Dopingredaktion versucht er, sie als Werk
eines Einzelnen darzustellen - als das von Rodchenkov: "Ich
verteidige Rodchenkov ja gar nicht, er ist gefeuert. Er hat sehr
viele Regeln gebrochen und als das festgestellt wurde, hat man ihn
gefeuert. Aber ich möchte Ihnen sagen, dass es für mich oder den
Staat unmöglich ist, die Arbeit des Labors zu bewerten."

"Es ist unmöglich etwas zu vertuschen. Warum verstehen Sie das
nicht?"

Rodchenkov selbst beschreibt den Dopingplan von Sotschi gegenüber der
New York Times als den Gipfel jahrzehntelanger Anstrengungen,
Russlands Dopingstrategie für internationale Wettkämpfe zu
perfektionieren. Die Anweisungen zum Doping wie auch zur Vertuschung
seien direkt aus der Regierung gekommen. Mutko wollte von solchen
Vorgängen im ARD-Interview nichts wissen: "Es ist unmöglich, etwas zu
vertuschen. Warum verstehen Sie das nicht? Dopingproben zu verstecken
ist gar nicht möglich. Man kann sie fallen lassen oder kaputt machen.
Das, was Sie ja auch unserem Direktor vorgeworfen haben, und dann
verliert der eben seine Akkreditierung." Auch jetzt, nach den neuen
Enthüllungen der New York Times, streitet der Sportminister weiter
alle Vorwürfe ab. Sie seien nichts weiter als eine "Fortsetzung der
Informations-Attacken auf den russischen Sport", heißt es in einem
offiziellen Statement.

Wie ernst der Minister die Dopingvorwürfe gegen sein Land wirklich
nimmt, ließ er schon im Interview mit WDR/ARD-Reporter Hajo Seppelt
durchblicken. So gibt er zu: "Ihr Film hat geholfen, wir haben viele
Dinge eingesehen." Auf die Frage, ob er denn alle drei ARD-Filme zum
Doping in Russland gesehen habe, die seit Dezember 2014 erschienen
sind, antwortet er: "Also den ersten habe ich gesehen." Die zweite
und dritte Dokumentation aber, so muss er auf Nachfrage gestehen,
habe er sich bis heute nicht angeguckt. "Wissen Sie, Herr Seppelt",
sagt er. "Ich habe noch viele andere Sorgen."

Sendehinweis

Das ARD-Interview mit Russlands Sportminister Vitaly Mutko finden Sie
ab Freitag, 13. Mai, in voller Länge sowie in deutscher, englischer
und russischer Fassung auf sportschau.de. Darin spricht Mutko auch
über Reformbemühungen der vergangenen Monate, den Umgang mit
gesperrten Trainern und die Aussicht auf Olympische Sommerspiele ohne
russische Beteiligung.

Fotos finden Sie unter ARD-Foto.de




Pressekontakt:
WDR Presse und Information
Uwe-Jens Lindner
Telefon 221 220 7123
Uwe-Jens.Lindner(at)WDR.de
Die WDR Presseabteilung erreichen Sie auch unter
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Datum: 13.05.2016 - 11:17 Uhr
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