Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Fukushima/Tschernobyl: Menschheit hat nichts gelernt, von Louisa Knobloch
(ots) - In diesen Wochen stehen gleich zwei traurige
Gedenktage an: Fünf Jahre sind seit dem Erdbeben und Tsunami in Japan
am 11. März 2011 vergangen, die zu Kernschmelzen im Atomkraftwerk
Fukushima Daiichi geführt hatten. Und am 26. April jährt sich die
Atomkatastrophe von Tschernobyl zum 30. Mal. Beide Fälle haben etwas
gemeinsam: Sie machen deutlich, dass die Nutzung der Kernenergie ein
unkalkulierbares Risiko darstellt, gegen das sich der Mensch nie
wirklich schützen kann. Mit dem geplanten Atomausstieg bis 2022 ist
Deutschland auf dem richtigen Weg. Nötig wäre aber ein weltweites
Umdenken. Dass Japan als erdbebengefährdetes Land so massiv auf
Atomenergie gesetzt hat, mag einem als irrwitzig erscheinen. Doch
auch in Mitteleuropa, wo solche Naturkatastrophen eher selten sind,
gibt es keine hundertprozentige Sicherheit: Zuletzt haben Vorfälle in
Frankreich und Belgien Schlagzeilen gemacht: So war ein Zwischenfall
im französischen Atomkraftwerk Fessenheim - rund 30 Kilometer von
Freiburg entfernt - im April 2014 Medienberichten zufolge
gravierender als bislang bekannt. Und Belgien will seine
Atomkraftwerke in Tihange und Doel trotz etlicher Pannen und Probleme
wie Haarrissen an Reaktorbehältern bis 2025 weiterbetreiben. Protest
aus Deutschland blieb bislang erfolglos. Hierzulande wird unterdessen
weiter darüber gestritten, wer die Milliarden-Kosten für den Rückbau
der Atomkraftwerke trägt und wo der ganze radioaktive Müll deponiert
werden soll. Denn nach mehr als 50 Jahren Kernenergie-Nutzung in
Deutschland gibt es noch immer kein Endlager. Das Problem der
Endlagerung stellt sich auch in Japan - nach Fukushima allerdings in
viel größeren Dimensionen. In der Region um das Atomkraftwerk laufen
die Aufräumarbeiten. Unter freiem Himmel stapeln sich mittlerweile
Abertausende schwarze Säcke mit kontaminiertem Erdreich. Was damit
passieren soll, weiß niemand. Und alles radioaktiv verseuchte
Material lässt sich ohnehin nicht entfernen. Es verwundert daher
nicht, dass viele der rund 160 000 im Zuge des Unglücks evakuierten
Menschen aus Angst vor der Strahlung gar nicht in ihre Heimat
zurückkehren wollen. Fünf Jahre nach Fukushima und 30 Jahre nach
Tschernobyl scheint die Menschheit nichts aus diesen Katastrophen
gelernt zu haben. Viele Länder - darunter China, Indien, Russland und
die USA - setzen weiter massiv auf Kernenergie. Und in Japan ist mit
Ministerpräsident Shinzo Abe ein Kernkraft-Befürworter an der Macht.
Seit 2015 sind hier vier Reaktoren wieder ans Netz gegangen.
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Datum: 06.03.2016 - 23:00 Uhr
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