Studie: Deutschland gehört zu den besten Geflügelländern der Welt - Zukunftsdialog bietet Forum für spannenden Austausch
(ots) - Sowohl in der Hähnchen- als auch in der
Putenhaltung gehört Deutschland bereits heute zu den besten
Geflügelländern der Welt. Diese und weitere Erkenntnisse liefert eine
vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) in Auftrag
gegebene Studie des Handelsblatt Research Institutes (HRI). Gestern
Abend hat Prof. Dr. Bert Rürup, der Präsident des HRI, die
umfangreiche Studie im Rahmen des dritten Zukunftsdialogs der
deutschen Geflügelwirtschaft in Berlin vor rund 100 geladenen Gästen
erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Anschluss diskutierten
Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder, NRW-Agrarminister Johannes
Remmel, "Fleischatlas"-Mitautorin Dr. Christine Chemnitz von der
Heinrich-Böll-Stiftung, Agrarökonom Prof. Dr. Michael Schmitz,
Hähnchenhalter Stefan Teepker und ZDG-Präsident Leo Graf von Drechsel
auf dem Podium unter dem Leitthema: "Deutschland - auf dem Weg zum
besten Geflügelland der Welt?!".
Im Fokus der Studie stehen die größten Volkswirtschaften der Welt
und der EU sowie fünf der sechs größten Geflügelfleischerzeuger der
Welt. Neben Deutschland werden die USA, China, Brasilien, Indien,
Russland, Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Polen,
Niederlande, Belgien, Schweden und Österreich untersucht. Anhand von
zwölf Indikatoren wie Besatzdichte, Stallhygiene, Antibiotikaeinsatz
sowie Ausbildung des Personals werden die gesetzlichen und
gesetzesähnlichen Rahmenbedingungen in den 16 Ländern verglichen.
Interessant hierbei: Die konventionelle Geflügelhaltung ist der
Studie zufolge mittlerweile globaler Standard. Weltweit sind jedoch
erhebliche Unterschiede in der Art der Erzeugung und bei den
nationalen und supranationalen Vorgaben festzustellen. "Die deutschen
Standards - sowohl in der Hähnchen- als auch in der Putenhaltung -
sind im internationalen Vergleich der 16 wichtigsten Geflügelländer
führend", so das Fazit von Prof. Dr. Rürup. Bereits im vergangenen
Sommer hatte sich die deutsche Geflügelwirtschaft auf die
Geflügel-Charta verpflichtet, die als Selbstverständnis und
Selbstverpflichtung der gesamten Kette der Geflügelfleischerzeugung
das gemeinsame Ziel formuliert: "Wir wollen das beste Geflügelland
der Welt sein." Dieses Ziel sei Anlass gewesen, die Studie in Auftrag
zu geben, sagt ZDG-Präsident Leo Graf von Drechsel: "Wir sind stolz,
dass die in der Studie publizierten Ergebnisse zeigen, dass wir als
deutsche Geflügelwirtschaft im internationalen Vergleich sehr gut
dastehen."
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die starke Regulierung hat in
einigen Ländern zur Folge, dass die Preise für Geflügelfleisch
steigen und sich die Verbraucher kein einheimisch erzeugtes
Geflügelfleisch mehr leisten können. Als Beispiele werden die Länder
Schweden und Österreich genannt, die vermehrt auf günstige Importe
zurückgreifen. "So werden die hohen Erzeugungsstandards konterkariert
durch Importe aus Ländern mit niedrigeren oder sogar fehlenden
Standards", ist in der Studie zu lesen.
Und: In Brasilien gibt es laut der Studie keinerlei gesetzliche
Regelungen zum Antibiotikaeinsatz. Gleichzeitig liefert Brasilien
aber einen signifikanten Teil des deutschen Import-Geflügels und ist
nach den USA weltweit der zweitgrößte Geflügel-Exporteur. Die
Einführung einer Herkunftskennzeichnung für Geflügelfleisch aus
Deutschland - auch im Segment der weiterverarbeiteten Produkte sowie
im Bereich des Außer-Haus-Verzehrs - wird nun umso dringender. "Nur
so kann der Verbraucher flächendeckend selbst bestimmen, welche
Standards er bei Tierwohl, Verbraucherschutz und Umwelt unterstützen
will", betont ZDG-Präsident Leo Graf von Drechsel die Bedeutung einer
ausgeweiteten Herkunftskennzeichnung.
Dieses Ziel einer zusätzlichen Verbraucherinformation nahm auch in
der von Markus Gürne moderierten Diskussion beim Zukunftsdialog der
deutschen Geflügelwirtschaft am Mittwochabend breiten Raum ein. Ein
hochkarätig besetztes Podium aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft
und NGOs ging anlässlich der Studie der Frage nach, wo die deutsche
Geflügelwirtschaft heute steht, wo sie gut ist, was sie noch besser
machen kann - was Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder
erwartungsgemäß anders bewertete als ZDG-Präsident Leo Graf von
Drechsel. Mit Schröder und Graf Drechsel diskutierten
NRW-Agrarminister Johannes Remmel, "Fleischatlas"-Mitautorin Dr.
Christine Chemnitz von der Heinrich-Böll-Stiftung, Agrarökonom Prof.
Dr. Michael Schmitz und Hähnchenhalter Stefan Teepker inhaltlich
durchaus kontrovers, im Ton aber nicht unversöhnlich.
Zum Thema Kennzeichnung machte Dr. Christine Chemnitz erhebliche
Defizite bei der Information der Lebensmittelkäufer aus ("Wer kann
einem denn sagen, wie das Geflügel gehalten wurde?"), sah für
Deutschland mit seinen hohen Standards "ein anderes Verständnis von
Qualität" und warnte überdies mit Nachdruck davor, einen Keil
zwischen Verbraucher und Erzeuger zu treiben: "Ganz viele Verbraucher
sind bereit, mehr zu zahlen." Worauf ihr Prof. Dr. Michael Schmitz
heftig widersprach: "An der Ladenkasse entscheiden sich die Leute
anders als in Befragungen." Zudem komme der Aspekt des Schutzes der
bäuerlichen Familienbetriebe in der Diskussion zu kurz, ordnete der
Agrarökonom die Frage immer weiter steigender Standards in einen
gesamtökonomischen Kontext ein und mahnte: "Dann ist irgendwann auch
der wirtschaftliche Fortschritt in Frage gestellt."
Er halte die Preisdebatte für eine "verfehlte Debatte",
argumentierte Thomas Schröder: "Die Wirtschaft muss deutlicher auf
die Wünsche der Verbraucher reagieren, selbst wenn nur 20 Prozent der
Verbraucher etwas wollen." Während Johannes Remmel die Bereitschaft
der Branche vermisste, die Preisdiskussion für sich zu nutzen ("Warum
zeigen Sie keinen Einsatz, für ein gutes Produkt einen guten Preis zu
verlangen?"), sah Stefan Teepker die Verantwortung nicht bei den
Erzeugern alleine: "Reicht es, den Verbraucher mitzunehmen, oder
müssen wir ihn nicht irgendwo auch verpflichten?"
Zur Veränderungsbereitschaft der Branche mit dem Anspruch, das
beste Geflügelland der Welt sein zu wollen, forderte Schröder den
Gastgeber provokant heraus: "Sie brauchen uns offenbar an Ihrer
Seite, um vorwärts zu kommen, sonst würden Sie es nicht tun." Klarer
Widerspruch von Graf Drechsel: "Wir sind in Bewegung, wir haben viel
verändert in den vergangenen Jahren." Die erfolgreichen
Puten-Eckwerte, das einzigartige Gesundheitskontrollprogramm und die
Wirtschaftsinitiative zum Antibiotikamonitoring seien Belege für den
stetigen Verbesserungswillen der Branche - und dafür, dass das
Prinzip Freiwilligkeit funktioniere, dass es keine Gesetze brauche.
Widerspruch von Chemnitz ("Alle wollen hohe Standards, die müssen
gesetzlich geregelt sein") und Remmel: "Es braucht Regelungen", erst
dann bewege sich etwas, kündigte der NRW-Agrarminister an, diese
"Lücken" füllen zu wollen, machte aber gleichwohl im Verlauf der
Diskussion Zugeständnisse, was die Motivation zur Veränderung seitens
der Geflügelwirtschaft angeht: "Ich gebe ja zu, es hat sich was
entwickelt."
Bei allen Kontroversen einten die Diskutanten am Ende zwei
gemeinsame Überzeugungen: Es braucht bei Lebensmitteln eine
ausgeweitete Herkunftskennzeichnung, damit der Verbraucher eine
mündige und aufgeklärte Kaufentscheidung treffen kann. Und: "Wir
brauchen einen besseren gegenseitigen Austausch", wie es
Tierschutzbund-Präsident Schröder auf den Punkt brachte. Er freue
sich, dass der Zukunftsdialog zu diesem wichtigen gesellschaftlichen
Diskurs etwas habe beitragen können, schloss Graf Drechsel: "Lassen
Sie uns im Gespräch bleiben!"
Weitere Informationen zur Geflügel-Charta und zur Studie:
www.gefluegel-charta.de.
Pressekontakt:
ZDG Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V.
Christiane von Alemann
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Datum: 25.02.2016 - 15:34 Uhr
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