Unbekannte Winterbräuche der Schweiz
(ots) - Einen brennenden Strohmann bestaunen,
elegante Trachten bewundern oder Dorfbewohner beim Scheibenschlagen
und am Funkensonntag beobachten: Die zahlreichen Schweizer Bräuche
faszinieren Groß und Klein und geben Reisenden einen Einblick in die
kulturellen Traditionen des Alpenlandes. Urtümliche Bräuche
zelebrieren die Einwohner zum Beispiel im Kanton Graubünden und in
der Ostschweiz.
"Schlitteda" - elegante Tradition in Pontresina
Die "Schlitteda" ist ein traditionelles Schlittenfest im
Oberengadin und findet jeweils am zweiten Sonntag im Januar statt.
Die Entstehung dieses Brauches geht auf frühere Zeiten zurück, als
Schlitten und Pferd im Winter als einzige Beförderungsmittel galten.
Fand zum Beispiel eine Hochzeit oder ein Begräbnis statt, so fuhr man
mit Schlitten und Pferd zu der jeweiligen Veranstaltung. Die
Schlitteda an sich war ein jährlich gefeiertes Fest der Giuventüna.
Heute fährt die "Giuventüna" - die Dorfjugend - auf reich
geschmückten Pferdeschlitten um 9.00 Uhr in der Früh in farbenfrohen
Trachten von Dorf zu Dorf. Die Schlittenfahrt beginnt in Pontresina,
führt weiter nach Champfèr über St. Moritz bis Samedan. Am Abend
folgt der Schlitteda-Ball, bei dem Jung und Alt gemeinsam diesen
traditionellen Winterbrauch ausklingen lassen.
"Hom Strom" - feurige Tradition in Scuol
Am ersten Februarsamstag geht es in Scuol im Kanton Graubünden
jährlich feurig zu und her. Schülerinnen und Schüler wickeln Stränge
aus gedroschenem Roggenstroh um einen langen Mast und formen so einen
neun Meter großen "Strohmann", der sogenannte "Hom Strom". Um Punkt
20.00 Uhr wird die 500 Kilogramm schwere Strohfigur feierlich
angezündet. Über den Ursprung dieses Brauches ist wenig bekannt. Die
Entwicklung des Sonnenstands im Februar lässt vermuten, dass die
Heiden einen Teil ihrer Korn- und Stroh-Ernte dem Sonnengott
opferten, in der Hoffnung auf einen guten Sommer. So hieß und heißt
es noch immer, dass man aus den Flammen lesen kann, wie die nächste
Ernte ausfallen wird. Ganz egal wie lange der "Hom Strom" brennt, es
ist und bleibt ein typischer Scuoler Brauch, der für die
Einheimischen einen wichtigen "Meilenstein" im Winter markiert und
jedes Jahr aufs Neue gern besucht wird.
Scheibenschlagen - uralter Brauch in Graubünden
Der Brauch des Scheibenschlagens stammt aus vorchristlicher Zeit.
Er existiert in Danis-Tavanasa, Dardin und Untervaz im Kanton
Graubünden. Mit leuchtenden Holzscheiben wollten die ersten Bewohner
des Tals den Winter vertreiben. Bis heute hat der Brauch sich
gehalten: Gegen Ende des Winters sägen die Knaben runde, in der Mitte
gelochte Scheiben aus Erlenholz. Am ersten Fastensonntag steigen sie
dann hoch hinauf in die Dörfer. Je älter die Buben, umso höher liegt
ihr "Scheibenplatz". Traditionell werden ein weißer Kittel, ein rotes
Halstuch sowie eine rote Zipfelmütze getragen. Die getrockneten
Holzscheiben fangen in der Glut sofort Feuer. Dann werden sie mit
einem Stock von einer Rampe durch die Dunkelheit geschleudert. Die
erste Scheibe wird "Chüächli Pfanne" genannt und symbolisiert die
Hoffnung auf reichlich Nahrung in der Zukunft. Alle anderen Scheiben
werden den Mädchen gewidmet. Der dazugehörige rätoromanische Spruch
lautet: "Oh tgei biala schibetta per la [Mädchenname]!", übersetzt
"Oh welch schöne Scheibe für [Mädchenname]!"
Feuerbrauch am Funkensonntag - Tradition in der Ostschweiz und in
Liechtenstein
Seit mehr als 2000 Jahren werden im Schweizer Alpenraum am ersten
Fastensonntag riesige Funkenfeuer abgebrannt. Der sogenannte "Funken"
ist meist ein Strohhaufen oder aufgeschichteter Holzturm, der eine
Höhe von bis zu 30 Metern erreichen kann. Nach Einbruch der
Abenddämmerung wird der "Funken" angezündet. Die Einwohner beobachten
das Geschehnis aus sicherer Entfernung und lauschen dem lodernden
Feuer. Der Funkenbrauch führt bis in die vorchristliche Zeit zurück
und muss eine tiefe religiöse Bedeutung gehabt haben. Funkensonntage
finden in der Ostschweiz und in Liechtenstein an verschiedenen Orten
statt, zum Beispiel in den Appenzeller Orten Herisau und Waldstatt
oder im Liechtensteinischen Schaan.
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Datum: 19.01.2016 - 14:05 Uhr
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