Neue Westfälische (Bielefeld): Polen steht in Brüssel
auf dem Prüfstand
EU: Kurs der neuen Regierung in Warschau
fordert "Rechtsstaatsmechanismus" heraus
VON KNUT PRIES
(ots) - Brüssel. Es klingt nach Langeweile, doch es ist
brisant: Wenn sich die Europäische Kommission unter ihrem Präsidenten
Jean-Claude Juncker heute mit den unerfreulichen Entwicklungen in
Polen befasst, heißt das in der offiziellen Tagesordnung
"Orientierungsdebatte". Tatsächlich geht es um disziplinarische
Maßnahmen. Und das - der Versuch, ein ungebärdiges Mitglied in den
eigenen Reihen zur Räson zu bringen - ist in der EU nicht weniger
heikel als in einer politischen Partei oder im Sportklub. Dabei ist
der Unmut über die neue Regierung in Warschau in den Brüsseler
EU-Institutionen fast einhellig. Die mit absoluter Mehrheit im
Parlament ausgestattete PiS-Partei des Exministerpräsidenten Jaroslaw
Kaczynski hat sich nach ihrem Wahlsieg vom Oktober darangemacht,
Staat und Gesellschaft nach ihren national-konservativen
Vorstellungen umzukrempeln. Das Verfassungsgericht und die
öffentlich-rechtlichen Medien werden stramm an die Kandare genommen,
ohne viel Rücksicht auf Demokratie und Gewaltenteilung. Ein Fall für
den "Rechtsstaatsmechanismus". Das neue, dreistufige Verfahren
versteht sich als vorgeschaltete Bemühung, den betroffenen
Mitgliedsstaat im Dialog auf den rechten Weg zurückzuführen. Der
Bielefelder CDU-Politiker Elmar Brok, Chef des außenpolitischen
Ausschusses im EU-Parlament, plädiert für ein behutsames Vorgehen.
"Wir müssen uns penibel an die Regeln halten", sagte Brok dieser
Zeitung. Erst wenn sich Polen auf Dauer verweigere, stünden
Sanktionen zur Debatte. Allerdings sei er pessimistischer als im
EU-Konflikt mit Ungarn, weil Kaczynski im Unterschied zum "reinen
Machtpolitiker Orbán, der letztlich noch die Kurve kriegt", ein
kirchengläubiger Ideologe sei. "Was da jetzt läuft, ist erst der
Anfang. Die füllen den Instrumentenkasten, damit sie das
weiterbetreiben können."
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Datum: 12.01.2016 - 20:05 Uhr
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