MERICS-Studie: China entwickelt sich zu einem der Top-Investoren in Deutschland und Europa
(ots) - Chinesische Übernahmen und Direktinvestitionen in
Europa wachsen rasant. Im vergangenen Jahr erreichten sie einen neuen
Höchststand (mit einem Volumen von rund 14 Mrd. EUR). Im Wochentakt
werden neue Investitionsprojekte bekannt. Vieles spricht dafür, dass
sich dieser Trend fortsetzt. China wird zu einer treibenden Kraft
globaler Kapitalströme und gehört schon heute zu den drei größten
Auslandsinvestoren weltweit. Prognosen zufolge verdreifachen sich
Chinas derzeitige globale Vermögenswerte bis 2020 auf fast 18
Billionen Euro. In ihrer aktuellen Studie analysieren Thilo Hanemann
und Mikko Huotari auf der Basis einer einzigartigen Datengrundlage
die neuesten Trends chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland
und der EU.
Investitionen in Europa wachsen rasant
Zwischen 2000 und 2014 verzeichneten die EU-28-Staaten insgesamt
mehr als 1000 chinesische Neugründungen, Fusionen und Übernahmen.
Diese hatten einen Wert von mehr als 46 Mrd. Euro. Graduell hatte die
chinesische Regierung die Regeln für Auslandsinvestitionen in den
vergangenen Jahren gelockert und es auf diese Weise chinesischen
Firmen ermöglicht, ihre Geschäftstätigkeiten weltweit auszudehnen.
Ging es den Kapitalgebern dabei anfangs vor allem um Rohstoffe, ist
inzwischen eine vielfältige Mischung aus Technologie, Marken und
Konsumgütern gefragt. Aus chinesischer Sicht gelten in Europa
Energie, der Automobilsektor, Lebensmittel und Immobilien als
attraktivste Industriezweige. Besonders Westeuropa stand im Fokus
chinesischer Investoren, zuletzt konnten Süd- und Osteuropa jedoch
deutlich aufholen. Zielland Nr. 1 in Europa bleibt Großbritannien,
gefolgt von Deutschland und Frankreich.
Investitionen in Deutschland fließen in zahlreiche Industriezweige
Seit 2000 haben chinesische Unternehmen rund 6,9 Mrd. Euro in
Deutschland investiert. Auffällig ist, dass 2011 die jährlichen
Investitionen rasant angestiegen sind und seitdem relativ stabil bei
1-2 Mrd. Euro pro Jahr liegen. Durchschnittlich 24 Neugründungen und
11 Übernahmen pro Jahr gehen seitdem in Deutschland auf das Konto
chinesischer Investoren. Rund 65% der Investitionen flossen in den
Automobilbereich sowie in die Industrie- und Anlagentechnik. Zuletzt
stieg das Interesse an IT-Technik, Finanz- und
Unternehmensdienstleistungen sowie an Konsumgütern. Zu den
prominenten Übernahmen zählte der Kauf des Betonpumpenherstellers
Putzmeister durch Sany 2012 oder des Elektronikunternehmens Medion
durch Lenovo 2011/2012. Aktuell läuft der Endspurt im Bieterverfahren
des chinesischen Versicherers Anbang um die Hypo Real
Estate-Kernbank. Besonders beliebt sind unter chinesischen Investoren
die alten Bundesländer, allen voran Nordrhein-Westfalen, Hessen und
Bayern. Allein in Nordrhein-Westfalen investierten chinesische
Unternehmen bislang rund 1,8 Mrd. Euro.
Was China von anderen Investoren unterscheidet
Größe, Wachstum und Komplementarität der chinesischen
Volkswirtschaft bieten einmalige Chancen für Europa. Andererseits
fürchten einige Regierungen eine engere Verflechtung mit China. Denn
die Volksrepublik droht den Wettbewerb auch künftig zu verzerren,
indem eigene Unternehmen subventioniert und ausländische behindert
werden sowie Entscheidungsabläufe an dem autoritären politischen
System ausgerichtet bleiben. Zudem fällt auf, dass China sich
ausländischen Direktinvestitionen in zahlreichen Branchen
verschließt. Gleichzeitig konnte China manches Vorurteil in den
vergangenen Jahren widerlegen: Es geht chinesischen Investoren nicht
allein um den Abzug von Know-how. Sie sind durchaus bereit, in
Infrastruktur, aber auch in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Die Analyse von rund 1000 Projekten in Europa hat die Befürchtungen
nicht bestätigt, dass chinesische Investitionen negativen Einfluss
auf die lokale Beschäftigungslage oder die Innovationsfähigkeit
haben.
Robustes bilaterales Investitionsabkommen dringend notwendig
Die neue Welle chinesischer Investitionen bietet außergewöhnliche
Chancen für Deutschland und Europa in einer Phase des
wirtschaftlichen Umbruchs. Das geplante Engagement Chinas im neuen
Infrastrukturfonds der Europäischen Union macht dieses Potenzial
besonders deutlich. Um Chancen zu nutzen und Risiken zu minieren,
sind politische Weichenstellungen unerlässlich. Mikko Huotari und
Thilo Hanemann plädieren im Vorfeld des EU-China-Gipfels am 29. Juni
in Brüssel für den baldigen Abschluss eines robusten bilateralen
Investitionsabkommens (BIA), das u.a. bestehende Ungleichgewichte im
Marktzugang beseitigt. Es gilt, den Grundsatz der
Investitionsfreiheit zu verteidigen.
Quelle: MERICS-Studie: Chinesische Direktinvestitionen in
Deutschland und Europa: Eine neue Ära chinesischen Kapitals
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