Fit, gesund& glücklich per Verordnung: Wolfgang Kubicki eröffnet Beitragsreihe von DIE LEBENSMITTELWIRTSCHAFT zum Präventionsgesetz
(ots) - Der Geschäftsführer des Vereins DIE
LEBENSMITTELIWRTSCHAFT, Stephan Becker-Sonnenschein erklärt:
Wolfgang Kubicki (FDP) eröffnet heute mit einem Gastbeitrag auf
unserer Internetseite www.lebensmittelwirtschaft.org unsere
Beitragsreihe zum Präventionsgesetz. Jede Woche Mittwoch werden wir
einen neuen Beitrag veröffentlichen, u.a. von der Bundesärztekammer
und der Plattform Ernährung und Bewegung (PEB).
Hier der komplette Gastbeitrag von Wolfgang Kubicki:
1. Nach langem Ringen verabschiedet der Bundestag nun das
Präventionsgesetz. Welche Erwartungen verknüpfen Sie damit?
Ich habe nicht allzu große Erwartungen an dieses Gesetz. Zwar ist
es erfreulich, dass durch Präventionsmaßnahmen viele Krankheiten gar
nicht entstehen. Ebenso gibt es gute Argumente für eine Impfpflicht -
gerade was die Gefährdung Dritter betrifft. Wir sollten allerdings
nicht der Illusion unterliegen, dass wir unser Leben grundsätzlich
durch gesetzliche Bestimmungen glücklicher machen bzw. verlängern
könnten. Auch stellt sich die ernsthafte Frage, ob der Versuch, durch
politische Maßnahmen Gefahren und Unwägbarkeiten aus dem Leben
weitestgehend zu verbannen, nicht einen Schritt zu weit geht und eine
trügerische Sicherheit vermittelt. Verantwortung liegt immer in der
Hand des einzelnen Menschen.
2. In einem umstrittenen Artikel des "British Journal of Sports
Medicine" vom April 2015 schreiben drei Ärzte, dass man mit Bewegung
allein nichts erreicht und schon gar nicht Gewicht verliert. Wichtig
sei dabei, was und wie wir essen. Wie sehen Sie das?
Die Erkenntnis, dass Sport allein nicht schlank macht, sondern
zuvorderst die Ernährung über Unter-, Normal- oder Übergewicht
"entscheidet", ist nicht sonderlich neu. Abgesehen davon ist es aber
eine Tatsache, dass die Zahl der Übergewichtigen in Deutschland in
den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Hierbei können
wir allerdings nicht von einem Informationsdefizit der Bürger
sprechen, denn auf jedem Lebensmittel können wir klar erkennen, wie
viel Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate und Kalorien enthalten sind. Das ist
bereits gesetzlich vorgeschrieben. Insofern gründet die Steigerung
dieser Zahl auf freien Lebensentscheidungen der einzelnen Bürger. Die
Politik sollte sich hier heraushalten und ihre Grenzen kennen - denn
ich will nicht in einer Gesellschaft leben, in der derjenige, der
isst, was er will, letztlich als unsolidarisch abgestempelt wird,
weil sein Verhalten nicht dem entspricht, was sich andere vorstellen.
3. Bringt Prävention wirklich etwas oder geben wir viel Geld für
nichts aus? Wie kann man das evaluieren?
Sicherlich ist es schwierig, konkrete Erfolge von Prävention zu
messen. Und - etwas vereinfacht gesagt: Prävention ist nicht gleich
Prävention. Im Bereich des Mammographiescreenings können wir
aktuellen Zahlen zufolge zum Beispiel recht deutlich von Erfolgen der
Prävention sprechen. Zudem waren im Nachhinein betrachtet die
präventiv eingenommenen Zuckerwürfel gegen Polio eine wirkungsvolle
und erfolgreiche Maßnahme. Das ist unbestritten. Jede Eventualität,
jede Krankheit durch Prävention ausschalten zu wollen, ist aber eine
Illusion. Neben der Vorsicht, nichts falsch zu machen, dürfen wir
nicht vergessen, auch noch ein hoffentlich lustvolles Leben zu
führen.
4. Ist Prävention nicht eigentlich Privatsache? Warum sollte mir
der Staat vorschreiben, wie ich "gesund" lebe, und das ausgerechnet
im Bereich Essen und Bewegung?
Der Staat hat in diesem Bereich nichts zu suchen. Der Veggie-Day
hat es ja vielen plastisch vor Augen geführt, welche abstrusen
Auswüchse ein solcher Nanny-Staat mit sich bringen kann. Wenn einige
irrlichternde Weltverbesserer meinen, dass ihre Sichtweise die allein
richtige ist, kommt ein solcher Unsinn heraus.
5. Ist das Präventionsgesetz Einfallstor für immer weitere
Einschränkungen im Bereich Lebensmittel, wie zum Beispiel
Warnhinweise, Werbebeschränkungen und Vorschriften beim
Verpackungsdesign?
Wenn ich an die Schock-Fotos auf Zigarettenschachteln denke, haben
wir ja heute schon sehr tiefe staatliche Eingriffe in die
Gestaltungsfreiheit von Verpackungsdesignern. Es gibt bereits
politische Forderungen nach einer "Fettsteuer" und einer Zuckersteuer
oder des Verbots von koffeinhaltigen Energy-Drinks. Wir müssen uns
dagegen wehren, dass die politische Bevormundung aus angeblich
"guten" Gründen weiter um sich greift. Sonst war''s das mit einer
freiheitlichen Gesellschaft. Ein lenkender Staat ist keine Option.
Nächsten Mittwoch, 01. Juli, folgt der Beitrag von Prof. Gerhard
Huber, Institut für Sportwissenschaften Universität Heidelberg,
Mitglied Vorstand Plattform Ernährung und Bewegung (PEB).
Zum Verein DIE LEBENSMITTELWIRTSCHAFT
Der Verein DIE LEBENSMITTELWIRTSCHAFT ist eine
Informationsplattform und Denkfabrik, die aktiv die Diskussion um
Lebensmittel gestaltet und das Verbrauchervertrauen gegenüber
Erzeugern, Herstellern und Händlern von Lebensmitteln stärkt. Der
Verein ist Ansprechpartner für Medien und Themenquelle durch
regelmäßige Beitragsreihen und Debatten.
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Datum: 24.06.2015 - 10:30 Uhr
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