InternetIntelligenz 2.0

kostenlos Pressemitteilungen einstellen | veröffentlichen | verteilen

Pressemitteilungen

 

Jochen Schümann: "Kiel braucht für 2024 einen kompakteren Olympia-Hafen"

ID: 1228211

(ots) - Anlässlich der Kieler Woche, dem größten
Segelevent der Welt, spricht Jochen Schümann, Deutschlands
erfolgreichster Segler und Mitglied der "Hall of Fame des deutschen
Sports" im Sporthilfe-Interview über seine Vorstellungen zu Kiel im
Rahmen der Hamburger Olympiabewerbung, über den verminderten
sportlichen Wert der Kieler Woche und zieht einen Vergleich zwischen
Fußball und Segeln.

Sie kennen das Kieler Segelrevier in und auswendig, waren erst
zuletzt im Rahmen der Segel-Bundesliga vor Ort: Ist Kiel heute
bereits olympiatauglich?

Jochen Schümann: Kiel ist olympiatauglich. Kiel hat eine
Ausnahmestellung, sie hat als einzige Stadt weltweit bereits zwei Mal
olympische Segelregatten ausgerichtet. Ein weiterer großer Pluspunkt
ist sicherlich auch die Kieler Bevölkerung, Kiel nennt sich zu Recht
"Sailing City". Es wird eine große Unterstützung vorhanden sein, denn
die ganze Stadt lebt am Wasser. Außerdem haben die veranstaltenden
Vereine der jährlichen Kieler Woche reichlich Erfahrung als
Organisatoren von Großveranstaltungen. Anhand dieser Basis wird man
viele Dinge für Olympia 2024 auch neu entwickeln können.

Sie hatten zuletzt schon mal angedeutet, dass der Olympia-Hafen
von Schilksee ein Gegenmodell zum Hamburger Konzept sei. Was meinen
Sie damit konkret?

Jochen Schümann: Die Spiele 1972 waren der Teil des olympischen
Gigantismus, sowohl in München als auch in Kiel. Kiel Schilksee ist
eine Riesenanlage und Heimathafen der größten Segelveranstaltung der
Welt, der Kieler Woche. Die Olympiaanlagen zu Wasser und zu Land sind
heute in privater Nutzung - gut so! Es wird deshalb wahrscheinlich
notwendig sein, einen neuen kompakteren Olympia-Hafen für 2024 in die
bestehenden Anlagen zu integrieren bzw. diese zu erweitern. Meine
Empfehlung ist es, sich dabei eng an der Hamburger Konzeption zu




orientieren, Hamburg und Kiel müssen eine Einheit bilden. Die
Hamburger Bewerbung muss den Zuschlag für die Spiele nach Deutschland
holen, die Segelwettbewerbe in Kiel werden dann ein erfolgreicher
Event von vielen bei Olympia 2024 sein.

Würden Sie sich denn gerne bei den Planungen mit beteiligen?

Jochen Schümann: Gerne werde ich meine Erfahrungen und Ideen
einbringen. Ich habe als Athlet an sechs Olympischen Spielen
teilgenommen und 1972 hatte ich darüber hinaus das Glück, Teilnehmer
im Olympischen Jugendlager in Kiel und München zu sein. Das bedeutete
freien Zugang zu nahezu allen Wettbewerben. In diesen Tagen wurde ich
mit der großartigen Begeisterung, die solche Spiele mit sich bringen,
angesteckt, die mich bis zum heutigen Tage nicht mehr losgelassen
hat.

Wie stellen Sie sich denn die Segelwettbewerbe im Jahr 2024 vor?
Was wird oder was muss sich ändern?

Jochen Schümann: In den letzten Jahren gab es bereits immer wieder
Veränderungen im Olympischen Segelprogramm. Die momentan ausgewählten
zehn olympischen Segel-Disziplinen sollen den Segelsport mit seinen
sehr vielen und unterschiedlichen Bootsklassen repräsentieren.
Aktuell ist allerdings kein Kielboot mehr im olympischen Programm
vertreten. Ich hoffe, das ändert sich wieder. Unabhängig davon
verändert sich die Technologie der Segelboote permanent, so fahren
foilende Dinghys und Katamarane beispielsweise heute weniger im als
vielmehr überm Wasser, was höhere Geschwindigkeiten mit sich bringt
und das Segeln artistischer und rasanter macht. Eine Zeit lang stand
auch zur Diskussion, das RS:X-Surfen durchs Kiten zu ersetzen. Diese
Veränderungen zeigen, dass man sich jetzt in Hinblick auf 2024 von
organisatorischer Seite nicht zu schnell auf Formate oder Kurse
festlegen sollte. Man muss flexibel bleiben, um 2024 attraktive
olympische Segelwettbewerbe ausrichten zu können. Das ist auch meine
Erwartung an die Gremien. Die olympischen Segelwettbewerbe 2024
werden sicherlich anders aussehen, als man sie sich heute vorstellt.

Sie sprechen die Attraktivität an. Wie kann dem gewöhnlichen
Zuschauer, der sich nicht im Segelsport auskennt, die Sportart näher
gebracht werden?

Jochen Schümann: Es gibt bereits seit langem Bemühungen, die
Faszination Segeln näher ans Land zu bringen bzw. die Zuschauer
direkt aufs Wasser. Das gelingt aber nur bedingt bzw. nur für wenige.
Es kommt vielmehr darauf an, dass attraktive, fachmännisch
kommentierte Bilder an Land zu sehen sind, über große Bildschirme,
aber auch im Internet, damit jeder die Wettkämpfe verfolgen kann. Das
sollte aber kein Problem sein, die nötigen Technologien haben sich in
den letzten Jahren zum Glück rasant entwickelt. Wichtig finde ich
aber auch, dass der Segelsport mehr personalisiert wird. Aktuell
kennt man die Athleten nicht, keine Gesichter, sondern nur die Segel
am Horizont. Doch nur wenn die Menschen dahinter bekannt sind, dann
werden auch Geschichten über die Akteure erzählt.

Sehen Sie da in erster Linie die Athleten in der Pflicht?

Jochen Schümann: Das ist keine Aufgabe oder Verpflichtung für
einen Einzelnen. Der Segelsport insgesamt muss sich zusätzlich neue
Spielregeln im Rahmen der Wettkampfgestaltung geben. Nehmen wir als
Beispiel den Vergleich zum Fußball-Procedere vor einem Spiel. Keiner
stellt in Frage, dass sich die Spieler in den Katakomben versammeln
und dann beide Mannschaften gemeinsam aufs Feld laufen. So etwas ist
im Segeln aktuell undenkbar. Jeder betreibt seine Vorbereitung
individuell und mehr oder weniger anonym und verlässt dann im Mix
der unterschiedlichen Bootsklassen den Hafen. Eine Möglichkeit wäre
aber, die Athleten vor Beginn des Rennens einzeln vorzustellen. Wenn
man das bei Olympischen Spielen haben will, muss man das den Athleten
wie auch den Veranstaltern und Medien schon vorher antrainieren -
zum Wohle des Events, der Sportart Segeln an sich und letztendlich
dann auch für die Athleten selbst.

Sie sind in diesen Tagen bei der Kieler Woche vor Ort. Ist dieser
Event ein "Muss" für jeden Segelfan?

Jochen Schümann: Für die deutschen Fans auf jeden Fall. Die Kieler
Woche ist nach wie vor eines oder das größte Segelevent der Welt,
allein schon wegen der Masse an verschiedenen Bootsklassen. Es ist
ein riesiges Volksfest. Der sportliche Wert hat in den letzten Jahren
jedoch leider abgenommen. Im Rahmen der Olympischen Spiele 2012 in
London verlor Kiel z. B. den Weltcup-Status an das Olympische
Segelrevier in Weymouth. Zudem hat der Weltverband diverse
internationale Meisterschaften in den Zeitraum der Kieler Woche
gelegt, so dass auch selbst einige deutsche Top-Athleten nicht vor
Ort sein können. Der Status von Kiel ist also nicht unbestritten.
Aber die Hamburger Bewerbung wird der Kieler Woche hoffentlich wieder
Rückenwind geben, so dass die Rennen auch wieder im internationalen
Weltcup-Kalender Priorität erhalten werden.

Rückenwind könnte auch das paralympische Segeln gebrauchen, denn
2020 soll es nicht mehr Bestandteil der Paralympics sein, mit der
Begründung, dass es weltweit nicht genügend vertreten sei. Wie sieht
es mit den olympischen Wettbewerben aus? Müssen sich Segler auf
diesem Gebiet ebenfalls Sorgen machen?

Jochen Schümann: Die Entscheidung, das paralympische Segeln zu
streichen, ist nicht nachzuvollziehen. Das olympische Segeln hat
solche Diskussionen bislang immer gut überstanden. Segeln ist eine
traditionelle Sportart, die schon immer dabei war und deren
historische Wurzeln für jedermann eine große Symbolik und Faszination
ausstrahlt. Allerdings kann man dies auch Ringen zusprechen, und wir
wissen ja, wie knapp diese Traditionssportart zuletzt beinahe aus dem
Programm gefallen ist. Entscheidender ist vielleicht, dass sich unter
Segeln jeder etwas vorstellen kann und die neuen Möglichkeiten der
Medialisierung diese Bilder auch in die Welt tragen werden. Auch die
Kostenfrage ist etwas entschärft, weil inzwischen kleinere Boote im
Programm sind und insgesamt kompaktere Spiele anstrebt werden. Die
früheren Vorgaben, dass beispielsweise die Wettbewerbe zugunsten
perfekter Windbedingungen mindestens drei Meilen vom Land entfernt
stattfinden müssen, sind ebenfalls so nicht mehr gegeben. Schon
Sydney 2000 hat das eindrucksvoll unter Beweis gestellt, als wir
direkt vor der Oper gesegelt sind. Für 2024 kann ich mir sogar
vorstellen, in Hamburg zu segeln, beispielsweise als Showevent aller
Medaillengewinner auf der Alster. Bis 2024 können wir noch wunderbar
viel entwickeln und die Attraktivität des Segelsports deutlich
machen.

Vor gut einem Jahr wurden Sie mit der "Goldenen Sportpyramide"
ausgezeichnet und in die "Hall of Fame des deutschen Sports"
aufgenommen. Anfangs konnten Sie mit der "Auszeichnung für das
Lebenswerk" noch nicht so viel anfangen. Wie blicken Sie heute, ein
Jahr danach, auf die Auszeichnung?

Jochen Schümann: Ich hoffe auch heute, dass mein Lebenswerk noch
nicht am Ende ist (lacht). Aber mich hat es sehr gefreut,
insbesondere auch zu sehen, dass meine Erfolge und meine Sportart an
sich doch von sehr vielen Leuten offensichtlich interessiert verfolgt
wurden und weiterhin werden.

Zur Person:

Jochen Schümann (* 8. Juni 1954 in Berlin) Jochen Schümann ist mit
drei Olympiasiegen, zahlreichen Titeln bei Welt- und
Europameisterschaften sowie zwei Siegen beim America''s Cup der
erfolgreichste Segler Deutschlands. Olympia-Gold holte der
Wassersportler vom Yachtclub Berlin-Grünau 1976 in der Einmannjolle
Finn-Dinghy sowie 1988 und 1996 in der Soling-Klasse. Insgesamt
sechsmal nahm der "Weltsegler des Jahres 1996" an Olympischen Spielen
teil, 2000 segelte Schümann dabei im Soling zu Silber. Bei
Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften gewann er mehr
als 30 Medaillen, darunter vier WM-Titel und zehn EM-Titel in drei
verschiedenen Bootsklassen. Schümann war so nicht nur Aushängeschild
der Segler in der DDR, sondern ab 1990 auch im vereinten Deutschland.
2014 wurde der gebürtige Berliner mit der "Goldenen Sportpyramide",
Deutschlands wertvollster Sportauszeichnung, ausgezeichnet und in die
"Hall of Fame des deutschen Sports" aufgenommen.

Zum "Hall of Fame"-Portrait:
http://www.hall-of-fame-sport.de/panoramen/90er-jahre/?t=81#pano_81



Pressekontakt:

Stiftung Deutsche Sporthilfe
Heike Schönharting
Otto Fleck-Schneise 8
60528 Frankfurt am Main
Tel: 069-67803 - 511
Fax: 069-67803 - 599
E-Mail: heike.schoenharting(at)sporthilfe.de
Internet: www.sporthilfe.de und www.hall-of-fame-sport.de


Themen in diesem Fachartikel:


Unternehmensinformation / Kurzprofil:



Leseranfragen:



PresseKontakt / Agentur:



drucken  als PDF  an Freund senden  XL-Arme in acht Wochen? Oliver Kolb aus Wittlich gewinnt den Wettbewerb ?Mister Strongarm 2015? von Men?s Health Youngster im Marathon-Einsatz: BMW Motorsport Junioren starten bei Langstreckenrennen in Zolder und Brünn
Bereitgestellt von Benutzer: ots
Datum: 22.06.2015 - 10:18 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 1228211
Anzahl Zeichen: 0

Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner:
Stadt:

Frankfurt am Main


Telefon:

Kategorie:

Sport


Anmerkungen:


Dieser Fachartikel wurde bisher 98 mal aufgerufen.


Der Fachartikel mit dem Titel:
"Jochen Schümann: "Kiel braucht für 2024 einen kompakteren Olympia-Hafen""
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von

Stiftung Deutsche Sporthilfe (Nachricht senden)

Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).


Alle Meldungen von Stiftung Deutsche Sporthilfe



 

Wer ist Online

Alle Mitglieder: 50.238
Registriert Heute: 0
Registriert Gestern: 0
Mitglied(er) online: 0
Gäste Online: 139


Bitte registrieren Sie sich hier. Als angemeldeter Benutzer nutzen Sie den vollen Funktionsumfang dieser Seite.