Allgemeine Zeitung Mainz: Dekadent / zur Vierlingsgeburt der Annegret G.
(ots) - Der Drehbuchautor Wolfgang Menge wusste es schon vor
45 Jahren. Sein Fernsehfilm "Das Millionenspiel" prophezeite viele
eklatante Entwicklungen in Gesellschaft und Medien. Ein Mensch wird
von Auftragskillern gejagt. Überlebt er, bekommt er eine Million,
damals noch D-Mark. Selbstredend alles live, im fiktiven Privatsender
TETV. Nun könnte man, trotz aller Dekadenz dieser Story,
argumentieren: Da verdient sich einer eine Million, unter Einsatz
seines eigenen Lebens. Bei dem, was sich derzeit um die
Vierlingsgeburt der 65-jährigen Annegret R. abspielt, ist es aber
noch mal anders. Die Frau steht exklusiv bei RTL unter Vertrag; wie
viel "Honorar" sie bekommt, ist zwar unklar, aber Peanuts werden es
nicht sein. Aufs Spiel setzte sie von Anfang an allerdings
hauptsächlich das Leben der drei Jungen und des Mädchens, die am
vergangenen Dienstag per Kaiserschnitt zur Welt kamen. Es gibt dazu
zwei Sätze, die in ihrem ganzen, möglicherweise sogar ungewollten
Zynismus das Elend kennzeichnen. R. begründete ihre Schwangerschaft
damit, dass sich ihre neunjährige Tochter noch ein Geschwisterchen
gewünscht habe. Und eine RTL-Sprecherin sagte am Samstag über die
vier Frühchen: "Sie werden sich noch länger in einem wackeligen
Zustand befinden." RTL berichtet weiter exklusiv. Nichts gegen
Kinderwünsche von Müttern knapp über 40. Nichts gegen künstliche
Befruchtung. Aber die R. schlägt mit ihren Umtrieben allen
ehrenwerten Bemühungen von Medizinern, Ethikern und Juristen um einen
angemessenen Umgang mit der Thematik per Baseballschläger ins
Gesicht. Wer schützt die Gesellschaft und alle Ei- und Samenzellen
dieser Welt vor solchen Frauen?
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Allgemeine Zeitung Mainz
Karsten Gerber
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Datum: 25.05.2015 - 19:54 Uhr
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