Weser-Kurier: Kommentar von Heidi Niemann zum Urteil im Göttinger Transplantationsskandal-Prozess
(ots) - Für regelmäßige Prozessbeobachter kam der
Freispruch des Landgerichts Göttingen nicht überraschend. Schon seit
Längerem hatte sich abgezeichnet, dass die Kammer Zweifel hegt, ob
die bei den Ermittlungen zum Transplantationsskandal aufgedeckten
Verstöße auch strafrechtlich geahndet werden können. Nun kommt das
Gericht zu dem Schluss, dass die Manipulation von Patientendaten zwar
moralisch verwerflich ist, aber zur Tatzeit nicht unter Strafe stand.
Diese rechtliche Lücke ist inzwischen mit der Änderung des
Transplantationsgesetzes geschlossen. Zudem stellte das Gericht fest,
dass die Transplantationsrichtlinien der Ärztekammer
verfassungswidrig sind. Derart weitreichende Fragen zum
Patientenrecht dürfe nur der Gesetzgeber regeln. Hier sollten schnell
klare Verhältnisse geschaffen werden, die sich vor allem an den
Interessen der Patienten orientieren. Das Gericht hat den Chirurgen
freigesprochen, weil nicht alles, was ethisch fragwürdig ist,
strafrechtlich relevant ist. Mit den Kategorien des Strafrechts ist
solchem Verhalten nur begrenzt beizukommen. Verlierer sind die
Patienten, die auf ein Organ warten. Die verwerflichen Manipulationen
haben dazu beigetragen, dass die Bereitschaft zur Organspende
hierzulande gesunken ist.
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Datum: 06.05.2015 - 21:11 Uhr
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