Weser-Kurier: Zum Airbus-Absturz schreibt Joerg Helge Wagner:
(ots) - Ja, es fällt unglaublich schwer: angesichts von 150
Menschenleben, die in wenigen Minuten ausgelöscht wurden, auch nur
die drängendsten Fragen zu stellen. Was bedeutet die Katastrophe von
Flug 4U9525 für die zivile Luftfahrt, für die Unternehmen
Lufthansa/Germanwings und Airbus? Gibt es womöglich einen
Zusammenhang mit dem Beinahe-Absturz des Lufthansa-Fluges LH1829
Anfang November, über den - welch unheimlicher Zufall - das Magazin
"Der Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe berichtet? Wird es
irgendwann sogar einen Link zum mysteriösen Absturz des Fluges MH370
im Dezember über der Java-See geben? Sind anfällige Sensoren in
Verbindung mit einer hochkomplexen, computergesteuerten Technologie
eine tödliche Schwachstelle beim Bestseller von Airbus, der A 320?
Weltweit sind fast 3700 Maschinen dieses Typs im Einsatz, und
ausgerechnet im Herstellerland Deutschland weigern sich nun offenbar
Crews, mit diesem Flieger noch abzuheben. Und es ist auch nicht
beruhigend, dass der aktuelle Unglücksflieger nicht von defekten
Sensoren, sondern von Problemen mit dem Bugfahrwerk stundenlang am
Boden gehalten wurde. Sicher: Die Auswertung des überraschend schnell
gefundenen Flugschreibers wird dauern. So wird man erst in Monaten,
vielleicht sogar Jahren eine Erklärung für das Unfassbare haben. Etwa
dafür, warum die Piloten offenbar nicht Alarm schlugen, als ihr
Flieger in acht Minuten um fast 10000 Meter sank. Vielleicht werden
aber auch die Zwischenberichte monatelang geheim oder zurückgehalten
- wie bei MH370, wie wohl auch bei LH
auch eine Art höhere Gerechtigkeit gegenüber den Opfern und deren
Hinterbliebenen darin, dass sich die beteiligten Unternehmen genau
dies nicht mehr leisten können. Denn die Grenzen zwischen Ethik,
Image und Umsatz verflüchtigen sich bei solchen Katastrophen. Gibt es
keine plausiblen Antworten auf die gestellten und viele weitere
Fragen, werden die Urlauber Germanwings und die Geschäftsreisende
Lufthansa meiden. Und Ryanair-Chef Michael O''Leary wird doch davon
Abstand nehmen, seine Boeing-Einheitsflotte ab 2019 eventuell um
etliche A320 zu ergänzen. Nein, wir wissen es noch nicht, ob auch die
ganze Geschichte von 4U
Moral hat: Sparen an der falschen Stelle kann furchtbar teuer werden,
ja sogar Menschenleben kosten. Aber es gibt Beispiele: die
gebrochenen Radreifen 1998 am Unglücks-ICE von Eschede, das Ventil
auf der Bohrinsel Deepwater Horizon, deren Explosion 2010 den Golf
von Mexiko verseuchte. Was auch immer die Experten demnächst
herausfinden werden: Es wird die Diskussion über angemessene Kosten
hochkomplexer Technik, über die Abschätzung von Technikfolgen
abermals befeuern. Zu spät für 150 Menschen.
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Datum: 24.03.2015 - 22:06 Uhr
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