Südwest Presse: LEITARTIKEL · OLYMPIA-PLÄNE
(ots) - LEITARTIKEL · OLYMPIA-PLÄNE
Spannende Doppelrolle An nationaler Symbolkraft hat es bei der
Kandidaten-Kür für die Sommerspiele 2024 nicht gefehlt: In der
Frankfurter Paulskirche stimmte die Vollversammlung des Deutschen
Olympischen Sportbundes (DOSB) für Hamburg. Die Mitglieder folgten
dem Vorschlag ihrer Führung und der Spitzensport-Verbände sogar
einstimmig. Die Berliner zeigen sich als faire Verlierer.
Olympia-Euphorie zu wecken weit über Hamburg hinaus, ist jetzt die
sportliche Herausforderung für Funktionäre, Politiker und Athleten.
Der Start ist geglückt. Die Chancen für Deutschland sind groß, der
Schaden des möglichen Scheiterns wäre es auch. Dieses Mal soll nichts
schiefgehen. Denn ein Fiasko mit der Bewerbung für 2024 und 2028
selbst unter dem deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach schlösse
weitere Anläufe langfristig aus. Bereits mit Berlin 2000 hat es nicht
geklappt, mit Leipzig 2012 nicht, auch nicht mit Winterspielen 2018
oder 2022 in München. Diese Misserfolge können nun auch ihr Gutes
haben: den Lerneffekt. Nicht ohne Grund betont der für Sport
zuständige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bei der
Hamburg-Bewerbung den Wunsch nach Transparenz und Bescheidenheit. Die
Hansestadt kann zu einem gediegenen Gegenentwurf der bisher gewohnten
Gigantismus-Spiele avancieren, wie ihn sich das IOC nach Rio 2016 und
Tokio 2020 wünscht. Dass Berlin beim Sieg Sydneys vor 22 Jahren
gerade mal neun Stimmen erhielt, war kein Zufall. Zu viele Affären
hatten diese Bewerbung um das weltgrößte Sportereignis begleitet:
Olympia-Verantwortlichen wurden Selbstbedienungsmentalität und üppige
Einladungen an IOC-Mitglieder übelgenommen - und vom IOC selbst der
Versuch, ein Dossier über sexuelle Präferenzen wichtiger Mitglieder
anzulegen. Leipzig mit seinen 550 000 Einwohnern wurde international
für zu leicht und klein befunden. Im Fall München kippte der eiserne
Widerstand der Bevölkerung die Pläne. Hamburg mit seinen 1,75
Millionen Menschen könnte - skandalfrei - nun der richtige Kandidat
zur rechten Zeit sein. Das IOC unter Bach bekundet zumindest den
Willen, das zügellose Wuchern der Spiele in Weltstädten wie zuletzt
London und davor Peking nicht länger mitzutragen. Olympia-Kritiker
beklagen dennoch die Allmacht, die eine Bewerberstadt in vielen
Bereichen gängelt. Und die Kostenexplosion: 2012 waren rund drei
Milliarden Euro veranschlagt, die London-Spiele wurden viermal so
teuer. Für Peanuts ist auch Olympia in Hamburg nicht zu haben.
Aktuell werden die Kosten bereits auf bis zu 6,5 Milliarden Euro
geschätzt. Gegner bringen sich in Stellung. Ohne die Unterstützung
der Bevölkerung geht es nicht. Eine Lehre aus dem München-Debakel:
Stadt und DOSB holen nun von vornherein den Rat aller ein - per
Referendum. Erst dieses Ergebnis ist richtungsweisend: NOlympia oder
Olympia? Hamburgs Plan kann noch platzen. Passable Umfragewerte und
die Erwartung zusätzlicher Unterstützung, wenn ein nachhaltiges
urbanes Konzept präsentiert und präzisiert wird, lassen aber hoffen.
Zunächst gilt zwar Boston als favorisiert und als elegante Option,
weil Chicago und New York zuvor nicht zum Zug kamen. Die Hamburger
könnten dann 2028 zuschlagen. Es wird ein langer Weg. Inklusive
besonderer Bürde: Stellvertretend für den kläglichen Rest der
Republik soll die Hansestadt nun auch beweisen, dass Hamburg ''24 oder
''28 sich nicht automatisch einreiht in die Blamagen-Serie bei
Großprojekten. Mit Geschick und Glück kann die Elbmetropole in dieser
Doppelrolle vielleicht wirklich glänzen. Hamburg soll jetzt zeigen:
Großprojekte sind doch machbar
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Datum: 22.03.2015 - 18:56 Uhr
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