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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Jürgen Scharf zum Start der Formel-1-Saison

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(ots) - Formel 1 ist, wenn es kracht und raucht. Über
Jahrzehnte war das die Lizenz zum Gelddrucken. Die Fans konnten sich
an diesen Draufgängern, die mit ihren Flitzern im Kreis fahren, nicht
sattsehen. Rennstrecken meldeten einen Zuschauerrekord nach dem
anderen und die Fernsehsender prächtige Einschaltquoten. Die fetten
Jahre sind nun aber vorbei. Die Formel 1 steckt in ihrer tiefsten
Krise seit langem. Wie und ob sie da wieder herauskommt, kann derzeit
niemand sagen. Die weltweiten Zuschauerzahlen der Formel 1 sind in
der vergangenen Saison im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent
zurückgegangen. Dieser Einbruch war für die Rennserie eine
Katastrophe. Der Konkurrenzkampf mit anderen Sportarten ist hart -
und wer bei Investoren und Sponsoren anklopft, wird vor allem eines
gefragt: Wie viel schauen bei euch zu? Seit Jahren bereits versucht
die Formel 1 fieberhaft, wieder mehr Zuschauer für ihren Sport zu
begeistern. Sie hat dabei sogar an den richtigen Stellschrauben
gedreht. Es gab mehrmals Regeländerungen und neue technische
Vorgaben, mit dem Ziel, Dauerherrschaften eines einzelnen Teams und
die daraus resultierende Langweile zu vermeiden. Die Rennfahrer -
früher oft griesgrämige Eigenbrötler - gehen mittlerweile bei
unzähligen Werbeveranstaltungen direkt auf die Fans zu und posten und
twittern um die Wette, um ihre Anhänger zu erreichen. Auch die
Flutlichtrennen mit ihrer Gänsehaut-Atmosphäre kommen gut an. Dennoch
geht es abwärts. Vergangenes Jahr machten die Insolvenzen der
Rennställe Caterham und Marussia die Krisenstimmung perfekt. Was hat
die Formel 1 eigentlich verbrochen? Klare Antwort: nichts. Sie hat
nur das Pech, dass sie mittlerweile nicht mehr der einzige ist, der
Krach und Rauch anbietet - zumindest die Vorstellung davon. Wer
heutzutage will, dass es irgendwie scheppert, der findet im Internet




mit ein paar Klicks ein entsprechendes Video. Und warum soll jemand
Formel 1 am Fernseher schauen, wenn die Flitzer auf der Play Station
fast genauso aussehen, und er dort sogar noch selbst das Gaspedal
bedienen darf? Das Hauptprodukt der Formel 1 ist Action. Die gibt es
nun aber auch anderswo - und teilweise sogar ganz umsonst. Es ist
nahezu ein Treppenwitz der Sportgeschichte, dass im Kampf der großen
Drei - Fußball, Olympia und Formel 1 - ausgerechnet der am meisten zu
kämpfen hat, der am meisten macht. Während bei der Fifa oder beim IOC
über die kleinste Regeländerung gerne jahrelang diskutiert wird,
haben die Formel-1-Macher viel und schnell entschieden. Sicher, da
war auch mancher Unsinn dabei. Die doppelten Punktzahlen im letzten
Saisonrennen, die es im vergangenen Jahr gab, brauchte nun wirklich
niemand. Dass sie für die kommende Saison bereits wieder abgeschafft
wurden, zeigt, dass die Formel 1 sich aber auch nicht zu schade ist,
Fehler zu korrigieren. Dennoch steht die Rennserie, die an diesem
Wochenende in Melbourne in die Saison startet, vor einer ungewissen
Zukunft - auch in Deutschland. Am Nürburgring wurde durch grandiose
Fehlplanungen unglaublich viel Geld verbrannt. Zuletzt schien die
Rennstrecke vorerst gerettet, doch schon gibt es die nächste
Hiobsbotschaft. Keiner weiß derzeit, ob die Veranstalter das
Startgeld für das eigentlich geplante Formel-1-Rennen 2015 zahlen
können oder wollen. Und das, obwohl es aus deutscher Sicht ein so
verlockendes Angebot wie selten zuvor gibt: Nico Rosberg wird wohl um
die Weltmeisterschaft fahren und Sebastian Vettel ist ab sofort im
prestigeträchtigen Ferrari zu sehen. Wenn das alles - zumindest in
Deutschland - nichts hilft, kann sich die Formel 1 einen Aufschwung
wohl abschminken. Ein realistisches Ziel wäre, zumindest die bei der
Stange zu halten, die derzeit noch zuschauen. Das wird schwer genug.



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Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten(at)mittelbayerische.de


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Datum: 13.03.2015 - 21:23 Uhr
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