Studie zeigt: Waldschutz führt zu Artenverlust / Deutschland setzt den Fokus beim Naturschutz zu eng / Fall "Staatswald-Stiftung NRW"
(ots) - Forscher vom Max-Planck-Institut haben
herausgefunden, dass ein geschützter Wald nicht unbedingt zum
Artenschutz beiträgt. Das politische Ziel, fünf Prozent unserer
heimischen Wälder unter Naturschutz zu stellen, ist damit in Frage
gestellt.
Das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena hat den Zustand
der Waldverjüngung, also den Zustand der jungen, heranwachsenden
Baumarten, untersucht. Das Ergebnis: In geschützten und somit nicht
mehr nachhaltig bewirtschafteten Waldgebieten gehen 50 bis 60 Prozent
der Baumarten verloren. Mit ihnen verschwinden zahlreiche
Insektenarten - von jeder zweiten Schmetterlingsart ist in der Studie
die Rede. "Die Gründe dafür sind komplex", erklärt Lars Schmidt,
Generalsekretär der Deutschen Säge- und Holzindustrie (DeSH) und
selbst studierter Forstwirt. Um drei zu nennen: "Zu viel Wild wie Reh
und Hirsch frisst junge Bäume auf. Das Kronendach wird zu dicht, so
dass nachwachsende Pflanzen zu wenig Licht bekommen. Zudem führt der
aktuelle Waldumbau hin zu Buchenwäldern zu monokulturähnlichen
Zuständen."
Die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts bestätigen mit ihrer
Studie, was Experten der Forst- und Holzwirtschaft bereits seit
Jahren kritisieren: Die von der Politik verordnete und von den
Ländern umgesetzte Biodiversitätsstrategie - nämlich fünf Prozent der
deutschen Waldfläche aus der nachhaltigen Nutzung zu nehmen - führt
eher zu einem Verlust als zu einem Erhalt von Arten. Das
ursprüngliche Schutzziel innerhalb der stillgelegten Flächen ginge
insgesamt verloren, heißt es in einer Pressemeldung des Instituts vom
2. Dezember 2014. Zielführender aus Sicht des Artenschutzes sei es
deshalb, die Wälder naturnah zu bewirtschaften.
Deutschland setzt den Fokus beim Naturschutz zu eng
Das Problem, so Helge Walentowski von der Bayerischen
Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft in Freising in der
Pressemeldung des Max-Planck-Instituts, sei ein zu eng fokussierter
Naturschutz. Die Studie mache deutlich, dass Artenschutz nur im
komplexen Zusammenhang mit der gesamten Flora und Fauna gesehen
werden könne. Der DeSH-Geschäftsführer Lars Schmidt bestätigt: "Nicht
die Größe und Anzahl der geschützten Flächen sind für eine
nachhaltige Waldentwicklung entscheidend, sondern die Art und Weise,
wie die Fläche genutzt wird." Er fordert, pauschale
Flächenstilllegungen wie die Einrichtung von Nationalparks per
Gesetz, als vermeintliche Naturschutzmaßnahme zu überdenken. "Die
Situation ist äußerst ernst", mit diesen Worten wird Ernst-Detlef
Schulze, Emeritus Professor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie
in Jena in der Pressemitteilung zitiert. Er bezieht sich dabei auf
Thüringen, wo 25.000 Hektar Wald aus der Bewirtschaftung genommen
werden sollen, um Arten zu schützen.
Fall "Staatswald-Stiftung NRW"
Ein weiteres Beispiel einer womöglich zu eng angelegten und zu
starren naturschutzpolitischen Maßnahme zeichnet sich aktuell in
Nordrhein-Westfalen ab. Die dortige rot-grüne Landesregierung plant
im Rahmen der NRW-Biodiversitätsstrategie einen Teil des Staatswaldes
in eine Stiftung zu überführen. Insbesondere bereits bestehende
Wildnisgebiete sollen durch das Naturerbe-Modell dauerhaft vor einem
politischen Einfluss geschützt werden - als unwiderrufliche
Weichenstellung zur Sicherstellung des Natur- und Artenschutzes. Lars
Schmidt bezweifelt dies: "Unwiderruflich wäre eine solche Maßnahme.
Vorteile für den Artenschutz würde sie allerdings nicht mit sich
bringen, wie die Jena-Studie zeigt." Aber das wirklich
Verhängnisvolle daran sei, so der Holzexperte, dass die Politik mit
dem Stiftungs-Modell für alle Zeiten handlungsunfähig wäre und auf
die unvorhersehbare Natur- und Waldentwicklung in den Schutzgebieten
- also einem möglichen Artenschwund zum Beispiel - nicht mehr wirksam
reagieren könnte.
## Hinweis für Redaktionen (Informationen zur Max-Planck-Studie):
Studie: E.D. Schulze, O. Bouriaud, J. Wäldchen, N. Eisenhauer, H.
Walentowski, C. Seele, E. Heinze, U. Pruschitzki, G. Danila, G.
Martin, D. Hessenmöller, L. Bouriaud, M. Teodosiu (2014). Ungulate
browsing causes species loss in deciduous forests independent of
community dynamics and silvicultural management in Central and
Southeastern Europe. Ann. For. Res. 57(2)_-_2014
http://www.afrjournal.org/index.php/afr/article/view/273
http://dx.doi.org/10.15287/afr.2014.273
Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts: Das Wild siegt über den
Artenschutz, Meldung vom 2.12.2014, http://goo.gl/HZ4uhp
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Datum: 25.02.2015 - 11:10 Uhr
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