Ex-Deutsche-Bank-Chefökonom Thomas Mayer: "Etwas ist faul mit unserem Geldsystem"
(ots) - Mayer im ''Capital''-Streitgespräch mit DIW-Ökonom
Marcel Fratzscher: "Die EZB hat die Probleme längst nicht mehr im
Griff" / Mehr Wettbewerb statt Regulierung gefordert /
Euro-Konkurrenzwährungen auf regionaler Basis zulassen / Fratzscher
dagegen sieht Krisen-Verantwortung bei zu zögerlicher Politik:
Finanzkrise "Resultat fehlender oder schlechter Regulierung" / Kritik
an Euro-Skepsis: "Unsere Währung dient vielen als Sündenbock"
Berlin, 20. Januar 2015 - Die beiden Ökonomen Thomas Mayer und
Marcel Fratzscher streiten über die richtige Geldpolitik in Europa.
"Die Finanzkrise hat mir gezeigt, dass etwas grundsätzlich faul ist
mit unserem Geldsystem", sagte Mayer, ehemaliger Chefökonom der
Deutschen Bank und Gründungsdirektor des Flossbach von Storch
Research Institute, im Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin ''Capital''
(Ausgabe 2/2015, EVT 22. Januar). "Wir haben den Banken erlaubt, auf
Knopfdruck Geld zu schaffen. Zusammen mit der Niedrigzinspolitik hat
das zu enormen Schulden geführt." Wenn nun die Zentralbanken
schlechte Kredite durch Gelddrucken finanzierten, dann werde der
Finanzkrise über kurz oder lang eine Geldkrise folgen. "Die EZB hat
die Probleme längst nicht mehr im Griff."
Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung
(DIW) in Berlin, entgegnete im ''Capital''-Streitgespräch, weder das
Geldsystem noch die Geldpolitik seien für die Krise verantwortlich.
"Das Krisenmanagement der EZB war gut", versicherte er. Das Problem
sei heute, dass die Preise fielen und die EZB ihr Mandat der
Preisstabilität derzeit nicht mehr erfülle. "Sie kann den Euro nur
stabil halten, wenn die Politik endlich mehr Verantwortung übernimmt
und wichtige Reformen umsetzt."
Auch bei den Themen Wettbewerb und Regulierung sind die beiden
Ökonomen gegensätzlicher Meinung. "Die globale Finanzkrise 2008 war
nicht das Ergebnis von zu wenig Wettbewerb im Finanzsektor, sondern
das Resultat fehlender oder schlechter Regulierung", stellte
Fratzscher fest. Mayer widersprach: "Nein, nicht Regulierung und
Aufsicht, nur der Wettbewerb kann dauerhaft Disziplin und
Verantwortung herstellen." Er habe wenig Hoffnung, dass die
Regulierer Stabilität erreichten. "Sie können auf Dauer keine
gleichmäßige Fahrt hinbekommen, wenn Sie immer gleichzeitig mit dem
Gas- und Bremspedal arbeiten: eine Geldpolitik, die Gas gibt, und
Regulierer, die auf der Bremse stehen."
Mayer forderte gegenüber ''Capital'': "Wir sollten sofort eine
staatliche Insolvenzordnung und eine Prozedur für den Euro-Austritt
eines Staates umsetzen." Zudem sollten als Konkurrenz zum Euro andere
Währungen auf regionaler Basis zugelassen werden. Fratzscher hält die
Euro-Kritik für taktisch bedingt. "Unsere Währung dient vielen als
Sündenbock", sagte er. "Die Lösung ist nicht, den Euro abzuschaffen,
sondern die Fehler zu beheben, die uns in diese Situation gebracht
haben."
Pressekontakt:
Christian Kirchner, Redaktion ''Capital'',
Tel. 069/793007-514, E-Mail: kirchner.christian(at)capital.de
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Datum: 20.01.2015 - 10:30 Uhr
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