Westfalen-Blatt: zum Unwort des Jahres
(ots) - Sprachwissenschaftler wie Politiker mögen es nur
gut meinen, und jeder Historiker wird ihnen beipflichten: Die
Verwendung der Vokabel »Lügenpresse« ist mehr als eine sprachliche
Entgleisung. Dennoch hat die Wahl des Begriffs »Lügenpresse« zum
»Unwort des Jahres« einen faden Beigeschmack. Sie misst vor allem der
»Pegida«-Bewegung eine Bedeutung bei, die sie nicht verdient.
Zugleich haben es die deutschen Medien nicht nötig, derart in Schutz
genommen zu werden. Die Vorwürfe einer »gleichgeschalteten Presse«
und einer von der Politik, den USA oder wem auch immer
»ferngesteuerten Berichterstattung« sind töricht. Tageszeitungen,
Zeitschriften, Radio- und Fernsehsender sowie alle, die professionell
journalistisch arbeiten, sollten selbstbewusst genug sein, sie an
sich abprallen zu lassen. Und wenn es anders wäre, dann nützte auch
die beste Unterstützung nichts mehr. Kein Zweifel: Ohne freie und
kritische Berichterstattung ist ein demokratischer Staat nicht zu
machen. Journalist zu sein ist mehr als ein Beruf. Und deshalb müssen
wir unsere Arbeit besonders gut machen. Am besten mit gründlicher
Recherche, kenntnisreicher, distanzierter Berichterstattung und
redlicher Gesinnung. Je besser wir das tun, desto gelassener können
wir Anfeindungen - welcher Art auch immer sie sein mögen - begegnen.
Und so lange diese Anfeindungen von einer so verschwindend geringen
Minderheit der Deutschen kommen, wie es bei »Pegida« der Fall ist,
ist unsere Demokratie wie auch unser Berufsstand in einer überaus
komfortablen Lage. Was gewiss nicht heißt, dass der Journalismus
immer fehlerfrei ist und - selbst wenn er es wäre - nicht stets noch
besser werden könnte. Wir tun also gut daran, selbstkritisch zu
bleiben, Information konsequent vor Sensation zu setzen und Fehler,
die passieren können und auch passieren, offen einzugestehen. Wenn es
dann noch gelingt, dass wir uns nicht wichtiger nehmen als unseren
journalistischen Auftrag, werden wir die Mehrheit der Menschen weiter
überzeugen können. Und zwar auch dann noch, wenn von »Pegida« schon
lange keiner mehr spricht.
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Andreas Kolesch
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Datum: 13.01.2015 - 21:03 Uhr
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