KPMG-Umfrage: Automobilbranche befindet sich bei innovativen Themen in der Zwickmühle
(ots) - Die Entwicklung neuer Antriebstechnologien,
innovativer Mobilitätsdienstleistungen und vernetzter Fahrzeuge hat
nach Ansicht führender Automobilexperten vorerst untergeordnete
Bedeutung für die Branche. Ebenso wenig erwarten diese in den
nächsten fünf Jahren umwälzende Änderungen in den Geschäftsmodellen.
Die beherrschenden Themen bis 2020 bleiben nach Ansicht der Fachleute
das Wachstum in den Schwellenländern und die Optimierung des
Verbrennungsmotors. Das hat eine weltweite KPMG-Umfrage unter 200
Führungskräften von Herstellern, Zulieferern, Händlern, Finanz- und
Mobilitätsdienstleistern ergeben, die heute im Vorfeld der Detroit
Motor Show veröffentlicht wurde.
Ganz oben auf der Agenda der kommenden zehn Jahre steht für 56
Prozent der Branchenexperten das Wachstum in den Schwellenländern.
Große Bedeutung misst jeweils die Hälfte der Befragten auch der
Optimierung des Verbrennungsmotors sowie einer zunehmenden Verwendung
von Plattformen und Standardmodulen bei. Strategische Innovationen
wie Mobilitätsdienstleistungen, vernetzte und selbstfahrende
Fahrzeuge spielen dagegen nach Ansicht der wenigsten bis 2025 eine
wichtige Rolle für die Geschäftsstrategie.
Auch was die Kriterien für einen Autokauf angeht, ist die Meinung
der Experten traditionell geprägt. So geht die Mehrheit der Befragten
davon aus, dass Kraftstoffverbrauch (67 Prozent), Sicherheit (53
Prozent) und Komfort (52 Prozent) in den kommenden fünf Jahren
maßgeblich für eine Kaufentscheidung sein werden. Die Vernetzung
eines Fahrzeugs, Telematikdienste und alternative Antriebe dagegen
spielen bis 2020 beim Autokauf nur nach Meinung weniger Fachleute
eine wichtige Rolle.
Dieter Becker, Global Head of Automotive bei KPMG: "Die Branche
steht von zwei Seiten mächtig unter Druck: Zum einen erlassen
Regierungen immer strengere Klimaschutzauflagen, sodass die
Hersteller viel Geld in die Optimierung der Verbrennungsmotoren und
die Entwicklung neuer Antriebstechnologien stecken müssen. Auf der
anderen Seite werden die Kunden immer technikaffiner und verlangen
beim Thema Mobilität immer mehr innovative Dienstleistungen und
Angebote rund ums vernetzte Auto. Ich fürchte, die Bedeutung dieser
Themen, und deren Bearbeitung in dem tradierten Geschäftsmodell, wird
in vielen Unternehmen stark unterschätzt. Dabei steckt gerade hier
enormes Wachstumspotenzial."
Ungeachtet des Aufkommens von Branchenneulingen wie Google oder
Apple im Zuge neuartiger Mobilitätslösungen dürfte die globale
Automobilwelt vorerst nicht auf den Kopf gestellt werden. Umwälzende
Änderungen in den Geschäftsmodellen werden nicht erwartet. Die
überwiegende Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass die
etablierten Hersteller auch in den kommenden zehn Jahren die Branche
dominieren werden und dass die Kundenbeziehung zumindest bis 2020
vorwiegend über die Hersteller läuft. Die Zulieferer dürften den Atem
der neuen Wettbewerber aus der Technologie- und
Telekommunikationsbranche noch am ehesten im Nacken spüren. Diesen
dürfte im Zuge der Entwicklung neuer Mobilitätsdienstleistungen eine
immer wichtigere Rolle zukommen.
Dieter Becker: "Je stärker sich Mobilitätsdienstleistungen mit
vernetzten Kommunikationslösungen als eigene Gattung etablieren,
desto wichtiger sind ein starkes Markenimage und eine selbstbewusste
Positionierung, um sich gegen die neuen Wettbewerber erfolgreich
wehren zu können. Die traditionellen Hersteller dürfen nach meiner
Überzeugung im Autokäufer nicht einfach nur den Fahrer eines Autos
sehen. Sie müssen das gesamte Lebensumfeld ihrer Kunden
berücksichtigen und die Geschäftsmodelle am immer stärker werdenden
Total Cost of Ownership-Gedanken ausrichten. Nur, wenn sie in der
Lage sind, wirklich maßgeschneiderte Angebote zu machen, werden sie
nachhaltige Kundenbeziehungen aufbauen und erhalten können. Und auch
wenn Technologie- und Telekommunikationsanbieter die traditionellen
Hersteller noch nicht ersetzen können, dringen sie doch zumindest in
die Domäne der Zulieferer ein. Einzelkomponenten sind zunehmend
standardisiert und Software sowie Dienstleistungsangebote rund ums
Fahrzeug werden immer wichtiger. Die Automobilhersteller haben meines
Erachtens aufgehört, in allen Bereichen des Fahrzeugs die
unangefochtenen Innovationstreiber zu sein."
Uneinheitliches Bild bei alternativen Antriebstechnologien
Umstritten ist unter den Fachleuten die Frage, welche Technologie in
den kommenden fünf Jahren die größte Nachfrage erfahren dürfte. Fast
gleichauf liegen hier nach Einschätzung der Branchenexperten
Plug-in-Hybridfahrzeuge, Batterie- und Brennstoffzellenbetriebene
Autos. Plug-in-Hybridfahrzeugen werden immer noch die besten Chancen
eingeräumt, sich als Technologie bis 2020 durchzusetzen - allerdings
ist hier die Zustimmungsrate seit 2013 von 36 auf 30 Prozent
gesunken. Auf den Batterieantrieb setzen 29 Prozent der Befragten.
Bei Wasserstoffzellen-Fahrzeugen ist die Quote in den vergangenen
zwei Jahren am stärksten gestiegen: von 17 auf 27 Prozent.
Durchbruch selbstfahrender Autos und von Elektromobilität lässt
auf sich warten
Auch wenn es bereits erste erfolgreiche Pilotprojekte im Bereich
selbstfahrender Autos gibt, wird deren Durchbruch nach Überzeugung
der meisten Fachleute aus Europa, Nordamerika und China noch
mindestens 20 Jahre auf sich warten lassen. Optimistischer sind die
Erwartungen in Japan und Korea ("10-20 Jahre").
Ähnlich verhalten schätzen die Befragten die Zukunft von
Elektroautos ein - zumindest in Westeuropa und China. In Westeuropa
rechnen 68 Prozent und in China sogar 92 Prozent der Experten für das
Jahr 2025 bei den Neuzulassungen mit einem Anteil von maximal 15
Prozent. Ganz anders urteilen die Automobilfachleute in Nordamerika:
hier gehen wiederum 60 Prozent davon aus, dass mindestens 16-20
Prozent der Neuzulassungen in zehn Jahren auf Elektrofahrzeuge
entfallen werden.
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Datum: 07.01.2015 - 10:25 Uhr
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