Weser-Kurier: Kommentar von Hendrik Wernerüber regionale Spezialitäten
(ots) - Mitte Dezember glückte der Hamelner
Rattenfängersage und dem Niederdeutschen Theater ein wichtiger
Schritt in Richtung Unsterblichkeit: Gemeinsam mit 25 weiteren
Traditionen wurden sie auf eine nationale Vorschlagliste aufgenommen,
die ihnen den Weg zum immateriellen Kulturerbe der Unesco bahnen
soll. Unter diesen Titel fallen bewahrenswerte kulturelle
Ausdrucksformen, die - im Unterschied zu Bauwerken - nicht
unmittelbar mit Händen zu greifen sind. Nur weil das
Unfassbarkeitskriterium vage formuliert ist, gelang es dem
Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, der jüngsten
Anwärterliste mit schützenswerten Gütern die hiesige Brotkultur
einzuspeisen. Ähnlich verhielt es sich 2010, als die mediterrane
Küche pauschal nobilitiert wurde. Der Umweg über das
Unesco-Protektorat könnte für weitere kulinarische Errungenschaften
hierzulande zum Ausweg aus einer bedrohlichen Lage avancieren. Denn
das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA
gefährdet die bisher geltende Fürsorge bei der Etikettierung
regionaler Spezialitäten. Wenn sich künftig jede Käserei in Kentucky
mit Parmesan, jeder Imker aus Hawaii mit Heidehonig, jeder Imbiss in
Texas mit Thüringer Rostbratwürsten schmücken darf, verwässert ein
entfesselter Wirtschaftsliberalismus den an Herkunft gebundenen
Markenschutz. Derlei verunsichert Verbraucher, denen an Originalität
gelegen ist. Insofern ist es auf den ersten Blick ein probates
Projekt, schutzbedürftige Spezialitäten mit dem Gütesiegel der Unesco
auszeichnen lassen zu wollen. Doch Obacht! Zum einen läuft die
Unesco-Liste Gefahr, Makulatur zu werden, weil seit einigen Jahren
alles zum immateriellen Kulturerbe ernannt wird, was nicht bei drei
auf dem Baum ist. Zum anderen wäre eine entsprechende Würdigung von
Bremer Bier und Babbeler, Kluten und Klaben ein zweischneidiges
Schwert. Denn laut Unesco-Statut darf man sich geschützten
Kulturgütern nur bis auf 100 Meter nähern.
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Datum: 05.01.2015 - 20:48 Uhr
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