Umstrittene Wirkung von Kompressionstextilien
Florian Girmondüber Kompressionsprüfungen für Produkte außerhalb des medizinischen Bereichs und das neue Qualitätslabel "Geprüfte Qualität / Kompression und Druckverlauf"
(PresseBox) - Im medizinischen Bereich werden Kompressionstextilien überwiegend angewendet, um verschiedenen Krankheiten vorzubeugen, diese zu behandeln oder die Lebensqualität zu erhöhen. Auch im nicht-medizinischen Bereich kommen Kompressionstextilien zunehmend zum Einsatz und werden u.a. auf Messen und im Fachhandel immer häufiger angepriesen. Komprimierende Reisestrümpfe sollen helfen z.B. Kreislauf-Problemen sowie Venenthrombosen vorzubeugen. Im Sport versprechen Werbeaussagen bessere Leistung, schnellere Erholung, weniger Muskelverletzungen, beschleunigten Laktatabbau oder etwa ein frischeres Körpergefühl. Doch was steckt wirklich dahinter? Betrachtet man medizinische Kompressionsstrümpfe, so gilt die erfolgreich bestandene Kompressionsprüfung als Wirknachweis und ein Strumpf kann als medizinisches Hilfsmittel angewendet werden. Man hat zudem Zugriff auf Jahrzehnte lange Erfahrungswerte, sowie auf zahlreiche Studien zur Wirksamkeit, die diese belegen. Im Gegensatz dazu ist die tatsächliche Wirkung nicht-medizinischer Kompressionstextilien in der Branche umstritten.
Um Klarheit zu gewinnen, haben wir uns mit Herrn Girmond, Direktor der Abteilung Consumer Tests an den Hohenstein Instituten, über die Wirksamkeit und Prüfung nicht-medizinischer Kompressionstextilien unterhalten.
Herr Girmond, nicht-medizinische Kompressionstextilien erfreuen sich im Markt immer größerer Beliebtheit. Gleichzeitig hört man aber auch kritische Stimmen, die ihre Wirksamkeit anzweifeln. Wie beurteilen Sie die Situation?
Im Falle nicht-medizinischer Kompressionstextilien fehlen die Aufklärung über den tatsächlichen Nutzen der Produkte sowie ein einheitlicher Standard, nach welchem solche Textilien geprüft und die Funktionen nachgewiesen werden. Hört man in den Markt hinein, zeigt sich, dass die subjektiven Erfahrungen und Eindrücke von aktiven Sportlern positiv sind. Dafür sprechen auch die wachsenden Umsatzzahlen bei Sportstrümpfen. Aber die Verwendung von speziellen Kompressionsstrümpfen im Sportbereich, besonders im Breitensport, ist noch nicht allzu lange üblich. Dies ist mit ein Grund dafür, weshalb kaum objektive und belastbare wissenschaftliche Studien über die Wirksamkeit vorliegen. Kürzlich haben die Hohenstein Institute das Interesse als auch die Zweifel der Branche zum Anlass genommen, ein Webinar zu Prüfungen nicht-medizinischer Kompressionstextilien zu veranstalten.
Worum ging es bei Ihrem Webinar zur Kompressionsprüfung für Kompressionstextilien, die außerhalb des medizinischen Bereichs Anwendung finden?
Im Webinar "Damit der Druck stimmt! Geprüfte Kompression" zeigten wir den Teilnehmern zum einen die Vorteile der Prüfung für Hersteller, den Handel sowie Anwender auf. Zum anderen brachten wir ihnen die Kompressionsprüfung, bei welcher die vom Hersteller ausgelobte Funktion überprüft wird, durch praktische Beispiele näher. Interessierte können sich die Online-Veranstaltung auf unserer Website im Webinar Archiv ansehen. Was den Wirksamkeitsnachweises nicht-medizinischer Kompressionstextilien anbelangt, sind wir sehr froh, dass die Hohenstein Institute eine Studie zu diesem Thema durchführen. Wir versprechen uns dadurch neue Erkenntnisse darüber, ob nur der Glaube den Sportlern Beine macht oder eine echte, vielleicht sogar medizinisch belegbare Wirkung festzustellen ist.
Wie profitieren Hersteller und Verbraucher von komprimierenden Reise-, Sport- und Wellnessstrümpfen und anderer komprimierender Wäsche?
Die Kompressionsprüfung ist die einzige Möglichkeit, die Funktionsweise eines Textils auch zu belegen. Die Hohenstein Institute bieten eine solche Prüfung entsprechend der Prüfnorm DIN 58133 an. Im Falle einer erfolgreichen Prüfung bestätigen wir dem Hersteller neutral und objektiv die Funktion und Qualität seines Produkts. Durch jährliche Folgeprüfungen wird darüber hinaus deren Kontinuität gesichert. Belegen kann der Hersteller dies mit Hilfe des neuen Qualitätslabels der Hohenstein Institute "Geprüfte Qualität. Kompression und Druckverlauf". Dies bietet ihm die Möglichkeit, sich vom Wettbewerb abzuheben. Verbraucher und der Handel profitieren ebenso. Ihnen gibt das Label die Sicherheit, dass die Aussagen des Herstellers nicht nur Marketing sind, sondern ihrer ausgelobten Funktion tatsächlich gerecht werden. Die Prüfung nach Standards erlaubt zudem eine einheitliche Prüfung der Kompressionstextilien.
In welchen Bereichen, abgesehen von der Medizin, werden Kompressionstextilien eingesetzt?
Eingesetzt werden Kompressionstextilien einerseits in den "klassischen" Bereichen. Darunter kann man sich Stützstrümpfe oder Stützstrumpfhosen vorstellen. Andererseits sind über die letzten Jahre neue Einsatzbereiche hinzugekommen. Angeboten werden Kompressionstextilien außerhalb des medizinischen Bereichs überwiegend in Form von Reisestrümpfen, Sportstrümpfen für Beine und Arme oder komprimierenden Shirts und Hosen für den Sport.
Wie sind die Kompressionsprüfungen für nicht-medizinische Produkte aufgebaut?
Als Grundlage für die Prüfung nehmen wir gerne Bezug auf etablierte Standards, in diesem Fall konkret auf die RAL-Standards RAL-GZ 387, Teil 1 und 2, bzw. DIN 58133. Die genannten Normen haben eigentlich medizinische Kompressionsstrümpfe zum Thema. Sie lassen sich aber im Falle von Strümpfen und Bandagen für Beine oder Arme was das Messverfahren angeht eins zu eins auf nicht-medizinische Textilien übertragen. Geprüft wird entsprechend den Standards mit dem Prüfgerät HOSY. Bei der Beurteilung der Ergebnisse allerdings können häufig andere Maßstäbe zum Tragen kommen. Dabei hängt die Beurteilung der Ergebnisse von der Funktion des Textils ab. Diese kann in der Druckintensität sowie im Druckverlauf liegen. Wir testen einen Prüfling auf die Angaben des Herstellers und bestätigen die angegebene Funktion, wenn die Messwerte ihr entsprechen.
Inwiefern unterscheidet sich die Prüfung nicht-medizinischer Textilien von der Prüfung medizinischer Textilien?
Prinzipiell läuft die Prüfung selbst mit dem HOSY gleich ab. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob ein Textil für medizinische oder nicht-medizinische Zwecke vorgesehen ist. Ein wesentlicher Unterschied liegt allerdings in der Beurteilung der Ergebnisse. Bei medizinischen Produkten gibt es klar definierte Anforderungen. Für nicht-medizinische Textilien gibt es das bisher nicht. Dies kann - zumindest theoretisch - zu für den Hersteller kritischen Umständen führen, auf die wir auch hinweisen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Stärke des Drucks im Bereich von medizinischen Produkten liegt.
Sie nannten Ihr Messgerät HOSY. Wie kommen Sie dazu und worum handelt es sich dabei?
Beim HOSY handelt es sich um ein von den Hohenstein Instituten im Rahmen eines Forschungsvorhabens entwickeltes Prüfsystem. Daher auch der Name - HOSY steht für HOhenstein SYstem. Anfang der 1980er wurde es zum ersten Mal für die Prüfung von medizinischen Kompressionsstrümpfen eingesetzt. Seit 1987 ist es sogar das einzig zugelassene Prüfsystem für die Prüfung nach RAL, welche für Hersteller ausschlaggebend für die Honorierung durch deutsche Krankenkassen ist.
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Datum: 27.11.2014 - 16:24 Uhr
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