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Fakten und Hintergründe zu den Konfektionsgrößen in Deutschland


(PresseBox) - Die Menschen in Mitteleuropa werden immer größer. Außerdem sind wir heute im Durchschnitt kräftiger als unsere Eltern und Großeltern. In den letzten 130 Jahren "schoss" zum Beispiel der männliche Durchschnittsdeutsche um rund 16 cm in die Höhe - das ist ein Zuwachs von über 1 cm pro Jahrzehnt. Dies belegen u. a. Messungen an Wehrpflichtigen, die seit 1875 dokumentiert sind.
Ziel der Bekleidungshersteller und des Handels ist es möglichst vielen Menschen gut passende Kleidung anbieten zu können. Um die ständigen Veränderungen in den Körperproportionen aufzufangen, passen sie ihre Schnittkonstruktionen deshalb an. Dies erfolgt auf Basis von Körpermaßtabellen, die anhand von repräsentativen Reihenmessungen erstellt werden. In Deutschland werden diese seit 1957 von den Hohenstein Instituten in Bönnigheim regelmäßig durchgeführt.
SizeGERMANY - die erste Reihenmessung mit 3D-Scannertechnologie
Die Ergebnisse der letzten repräsentativen Reihenmessung SizeGERMANY wurden 2009 präsentiert. Durchgeführt wurde diese von den Hohenstein Instituten(Bönnigheim) und der Human Solutions GmbH (Kaiserslautern) in Kooperation mit Industriepartnern. An 31 Messstandorten im gesamten Bundesgebiet wurden dazu die Körpermaße von 13.362 Männern, Frauen und Kinder im Alter zwischen 6 und 87 Jahren ermittelt. Die Vermessung der Teilnehmer erfolgte berührungslos mit modernster 3D-Scannertechnologie in jeweils einer sitzenden und drei stehenden Positionen. Anhand der pro Durchlauf erfassten rund 400.000 Messpunkte wurde ein elektronischer Zwilling (Scan) der Teilnehmer am PC erzeugt. An diesem wurden 44 Körpermaße wie Hüft- und Brustumfang für die Bekleidungsindustrie sowie 53 Körpermaße für die technische Ergonomie abgenommen. Die anonymisierten, jedoch mit sozio-demografischen Daten wie Geschlecht und Alter verknüpften Körpermaße stehen über ein spezielles Datenportal den Industriepartnern von SizeGERMANY für zusätzliche Auswertungen zur Verfügung. Für zielgruppen- und unternehmensspezifische Analysen können die beteiligten Unternehmen über ein Online-Portal auf diesen Datenschatz zurückgreifen.




Die wichtigsten Änderungen bei den Damen
Bei den Damen fanden die letzten Reihenmessungen in Deutschland vor SizeGERMANY im Jahr 1994 statt. Für die weibliche Bevölkerung zwischen 14 und 70 Jahren wurden die folgenden Änderungen im Vergleich zu den Durchschnittswerten - unabhängig von Konfektionsgrößen - für die Damenoberbekleidung (DOB) ermittelt.
Damit ergibt sich bei den Damen eine Verlagerung hin zu größeren Konfektionsgrößen.
Körperhöhe: Zunahme um ca. 1,0 cm
Brustumfang: Zunahme um 2,3 cm
Taillenumfang: Zunahme um 4,1 cm
Hüftumfang: Zunahme um 1,8 cm
(Abbildung 7 und 8)
Die wichtigsten Änderungen bei den Herren
Bei den Herren fand die letzte Reihenmessung vor SizeGERMANY im Jahr 1980 statt. Die Ergebnisse dieser Messung wurden jedoch nie in die Praxis umgesetzt, weil in der Branche keine Einigung über eine neue Größensystematik für die Herrenkonfektion(HAKA) erreicht werden konnte. Faktisch beruhten deshalb die Körpermaßtabellen bis zur Umsetzung der Ergebnisse von SizeGERMANY auf Daten aus den 1960er Jahren. Die Herren profitieren deshalb besonders stark von SizeGERMANY und der branchenweiten Umsetzung der neuen HAKA-Körpermaßtabellen. Hinzu kommt, dass diese erstmals auch drei Körperhöhenreihen (normal, kurz, lang) umfassen, wie sie sich bereits seit Jahrzehnten bei den Damen bewährt haben. Außerdem wurde die sogenannte Längenanpassung optimiert: Die Koppelung von Körperhöhe an Umfangsmaße wurde "entschärft". Da beim erwachsenen Mann eine Zunahme der Umfangsmaße, sprich des Körperumfangs, in der Regel nicht mit einem Anstieg der Körperhöhe, sprich einem Größenwachstum, verbunden ist, bedeutet dies speziell bei großen Konfektionsgrößen i. d. R. eine deutliche Verbesserung der Passform.
Für die männliche Bevölkerung zwischen 16 und 70 Jahren wurden die folgenden Änderungen im Vergleich zu den Durchschnittswerten von 1980 - unabhängig von Konfektionsgrößen - ermittelt. Damit zeigt sich auch bei den Herren eine Verlagerung hin zu größeren Konfektionsgrößen.
Körperhöhe: Zunahme um 3,2 cm
Brustumfang: Zunahme 7,3 cm
Taillenumfang: Zunahme 4,4 cm
Hüftumfang: Zunahme 3,6 cm
(Abbildung 9 und 10)
Marktabdeckung der Größensystematik optimiert
Mit den Körpermaßtabellen auf Basis von SizeGERMANY konnte auch die Marktabdeckung deutlich erhöht werden. D. h. deutlich mehr Menschen als zuvor passen die auf Basis dieser Vorgaben konstruierten Kleidungsstücke. Entscheidend ist neben dem aktuellen Zahlenmaterial insbesondere, dass die Körpermaßtabellen die besonderen Erfordernisse "stark-" bzw. "schmalhüftiger" Frauen besser als bisher berücksichtigen. Deren Anteil liegt bei 42,6% der Frauen. Bei Männern wird zwischen den Figurtypen "schlank", "normal" und "stark" unterschieden. Der Figurtyp "normal" deckt, wenn drei Körperhöhenreihen betrachtet werden 31,2% - bei fünf Körperhöhenreihen 36,3%. "Schlank" und "stark" zusammen decken 37,8%(drei Körperhöhenreihen) bzw. 44,3% (fünf Körperhöhenreihen) der männlichen Bevölkerung ab.
So werden bei den Damen über die Konfektionsgrößen 32 bis 60 in Verbindung mit den jeweiligen Lang- und Kurzgrößen 33,1% (1984: 23%; 1994: 21%) abgedeckt.Werden zusätzlich die Figurtypen "schmalhüftig" und "starkhüftig" einbezogen, beträgt die Marktabdeckung sogar 75,6%.
Bei den Herren werden über die Konfektionsgrößen 42 bis 60 in Verbindung mit den jeweiligen Lang- und Kurzgrößen 31,3% (vor SizeGERMANY: 18,7%) abgedeckt. Werden zusätzlich die Figurtypen "schlank" und "stark" einbezogen, beträgt die Marktabdeckung 69,1%.
Zielgruppengerechte Konfektion als Erfolgsrezept für die Zukunft
Die Auswahl der vermessenen Personen bei SizeGERMANY erfolgte anhand verschiedener soziodemografischer Daten wie Geschlecht und Alter. Die Ergebnisse sind somit repräsentativ für die Bevölkerung in Deutschland. Ergänzend haben die Wissenschaftler der Hohenstein Institute in den vergangenen Jahren statistisch belastbares Datenmaterial für definierte Zielgruppen innerhalb dieser Grundgesamtheit ermittelt. Im Rahmen von öffentlich geförderten Forschungsprojekten wurden so u. a. Frauen über 60 Jahre sowie Damen und Herren mit starken Figuren vermessen und bei Frauen spezielle Mieder-Maße erhoben. Maßtabellen für Damenhosen sind ebenfalls das Ergebnis der Arbeit der Hohenstein Institute und unterstützen Herstellern und Handelsunternehmen bei der Entwicklung passform-gerechter Kleidung. Die Konfektionsgrößen basieren auf dem Brustumfang. Dieses Maß lässt jedoch keinen direkten Rückschluss auf die Hüft- und Taillenformen zu. Speziell für die Hosenentwicklung wurden daher die Körperdimensionen auf Basis des Hüftumfangs ausgewertet. Zusätzlich wurden umfassende 3D-Körperformanalysen durchgeführt, da die Körperform und -haltung maßgeblichen Einfluss auf die Hosenpassform hat.
Auch Füße, Hände und Köpfe wurden im Zusammenhang mit diversen Forschungsprojekten von den Hohenstein Experten mit dem 3D-Scanner vermessen. Ziel ist es, künftig auch die Passform von Strümpfen, Handschuhen, Schuhen sowie Helmen und sonstigen Kopfbedeckungen optimieren zu können.
Im Alter verändern sich die Körperproportionen
Um eine gute Passform der Kleidung sicherzustellen, müssen bei der Schnittführung die spezifischen Veränderungen der Körperproportionen im Alter berücksichtigt werden: Die für die Konfektion entscheidenden Unterschiede liegen bei Frauen vor allem im Taillenbereich. Wie die im Jahr 2003 von den Hohenstein Instituten veröffentlichten Ergebnisse der Reihenmessung "60plus" zeigen, vermindert sich die Differenz zwischen Taillen- und Hüftumfang mit zunehmendem Alter.
Bei der Aufteilung der Figurtypen entfielen auf den schmalhüftigen Typus 36,1%, während 33% der Seniorinnen als normalhüftig eingestuft werden konnten, und 15,3% der Testpersonen über eine starke Hüfte verfügten. Diese Verteilung unterscheidet sich nur unwesentlich von derjenigen bei jüngeren Frauen. Damit lassen sich 84,4% der Seniorinnen in die gängigen Figurtypen einordnen.
Während die durchschnittliche Körpergröße bei der Altersgruppe bis 50 Jahre bei 168 cm liegt, verschiebt sich z. B. der Durchschnittswert bei den Frauen über 50 Jahren auf 160 cm - das hat die Reihenmessung "60plus" ergeben. Fast die Hälfte (45,6%) der Testpersonen über 50 Jahre waren ca. 160 cm groß und fielen damit in den Bereich der kurzen Größen. 31,9% lagen bei der Körpergröße im Bereich von 168 cm in der normalen Größenreihe. Relativ hoch (15,8%) war der Anteil von kleineren Frauen im Bereich von 152 cm, die nicht durch die Größentabellen für DOB abgedeckt werden. Das heißt, dass bei älteren Frauen die größten Marktanteile in den kurzen Größen und darunter angesiedelt sind.
Bei den erfragten Konfektionsgrößen der Probandinnen lag das Gros im Bereich der Größen 40 bis 46, wobei die Abweichungen zwischen oberer und unterer Körperhälfte deutlicher ausfielen, als dies bei jüngeren Testpersonen der Fall ist. Während bei den bis 50-Jährigen die größten Marktanteile beim Brustumfang zwischen 88 bis 96 cm liegen, verschieben sich diese bei den Frauen über 50 Jahren auf Brustumfänge zwischen 96 und 110 cm.
Der Vergleich von angegebener Konfektionsgröße und der nach den Körpermaßen für die Testpersonen ermittelten, zeigte für die obere Körperhälfte einen interessanten Aspekt: Im Bereich der kleinen Größen 32-40 stimmen die gekauften Größen und die Größe nach Körpermaßen überwiegend überein. Bei den großen Größen ab 44 ist die gekaufte Kleidung in vielen Fällen um bis zu zwei Konfektionsgrößen kleiner als die nach Körpermaßen zugeordnete.
Anteil der starken Figuren wächst
Der Trend ist eindeutig - die Körperproportionen der Bevölkerung verändern sich in Richtung stärkerer Figuren. Dabei nimmt mit zunehmendem Körpervolumen die Homogenität der Körperproportionen ab, so dass für gut sitzende Bekleidung im Segment der starken Figuren idealerweise eigene Maßvorgaben erforderlich sind. Diese fehlten bislang, weil bei den durchgeführten Reihenmessungen der Anteil starker Figuren stets zu gering war und die großen Größen deshalb lediglich von den kleinen und mittleren Konfektionsgrößen 36 bis 44 (Damen) und 44 bis 58 (Herren) abgeleitet wurden. Die speziellen Körperformen der großen Größen blieben, weil keine Informationen verfügbar waren, weitgehend unberücksichtigt.
Durch die in den Jahren 2010 mit Hilfe von 2200 Damen (Konfektionsgröße 48 bis 64) und 2014 mit 1000 Herren (Konfektionsgröße 58 bis 70) ermittelten Körpermaße konnten die Hohenstein Wissenschaftler diese Lücke nun füllen. Mit Hilfe des Datenmaterials kann die Passform von Bekleidung für diese Zielgruppe deutlich verbessert werden. In den neu erstellten Körpermaßtabellen für die Größen 48 bis 64 ist vor allem die Definition zielgruppenspezifischer Körpermaße neu, wie beispielsweise die Maße "Natürlicher Taillenumfang" und "Abstand Taillenumfang - Natürliche Taille". Bei den Herren wurde die spezifischen Bauchtypen untersucht und die Maße Taillenumfang, Bundumfang und Unterhosenbundumfang gegenübergestellt.


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Datum: 07.11.2014 - 12:55 Uhr
Sprache: Deutsch
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