HAMBURGER ABENDBLATT: Pressespiegel Hamburger Abendblatt zum Thema Olympische Spiele
(ots) - Ein Kommentar von Matthias Iken (Hamburger
Abendblatt)
Es war kurz nach elf Uhr im Saal 151 des Rathauses, da gelang Olaf
Scholz ein kleines Kunststück. Der Bürgermeister, der mit seiner
technokratisch-drögen Art nicht mehr in den Rhetorik-Olymp einziehen
wird, sprach von Olympia - und tat es mit einer Mischung aus
Begeisterung und Überzeugung, die mitriss. Zusammen mit Handelskammer
und Sportbund präsentierte der Senat ein Programm von Olympia, das
Hand und Fuß hat - vor allem aber viel Herz und Verstand. "Wir sind
bereit", sagte Scholz.
Das Feuer für Olympia, es brennt wieder in Hamburg.
Das Senatskonzept beschränkt sich nicht auf die pure Lust am
Weltereignis. Es geht weiter und bezieht das Unbehagen über die
Gigantomanie und die Kritik an einem Sportevent mit ein, das sich
zuletzt von dem Grundgedanken der olympischen Idee marathonweit
entfernt hatte. Hamburg will nicht für drei Wochen Schauplatz eines
Wanderzirkusses sein, sondern nachhaltige Spiele der kurzen Wege.
Hamburg verspricht nicht weniger als ein Sportfest in und mit der
ganzen Stadt, es werden Spiele am Wasser. Ein Großteil der
Veranstaltungen ist fußläufig erreichbar: Beachvolleyball auf
Entenwerder, Tennis am Rothenbaum, Hockey am Millerntor. Selbst
Rathausmarkt und Alster würden zu Freiluft-Stadien für Marathon und
Triathlon. Viele Sportanlagen bestehen längst.
Die Fehler, die in Peking oder Athen gemacht wurden, wollen die
Organisatoren an der Elbe nicht wiederholen, leere Olympiaruinen am
Rande der Stadt wird es nicht geben. Die wenigen neuen Sportstadien
und Gebäude werden in Hamburg gleich für ihre Nutzung nach 2024 oder
2028 konzipiert. Wettkampfhallen werden zum Kreuzfahrtterminal, das
Schwimmzentrum zum Stadtteilschwimmbad. Möglicherweise ließe sich
sogar das Olympiastadion später als Spielstätte des HSV weiter nutzen
- vorausgesetzt, der Verein spielt dann noch erstklassig.
Eingebettet ist der Plan von Olympia in eine durchdachte
Weiterentwicklung der Stadt und ihrer Infrastruktur. Der Sprung über
die Elbe würde mit dem Olympischen Dorf auf dem Kleinen Grasbrook
endgültig Wirklichkeit - wie ein Scharnier liegt die Elbinsel
zwischen der Hafencity und Wilhelmsburg. Zudem ließen sich mit den
Spielen Infrastrukturprojekte umsetzen, die ohne Olympia nur
Träumerei blieben. Zum einen sind Großinvestitionen Kern des
Konzepts, zum anderen würde die Hansestadt bei der Verteilung der
Bundesgelder für Verkehrsinvestitionen in die Pole Position wechseln.
Somit relativieren sich auch die hohen Kosten, die mit der
Olympia-Bewerbung verbunden sind.
Der Senat hat viele Kritikpunkte, die seit Wochen von
Olympia-Gegnern zu Recht benannt werden, in sein Konzept einbezogen.
Es sollen ökologische, nachhaltige, sozial verträgliche Spiele
werden. 20.000 Olympia-Räder machen die Menschen mobil, das
Olympische Dorf bleibt autofrei, selbst hier gilt der Drittelmix -
ein Teil der Wohnungen werden Sozialwohnungen.
Die Politik hat geliefert. Und wenn sie nicht in alte
Verhaltensmuster hanseatischer Hochnäsigkeit zurückfällt, hat Hamburg
gute Chancen, sich gegen Berlin durchzusetzen. Während Scholz sich
höflich zu den Chancen der Hauptstadt ausschwieg, gab sich Berlins
Regierungschef schnodderig: International habe man mit Berlin viel
bessere Chancen als mit "irgendeiner anderen Stadt". Abgerechnet,
lieber Klaus Wowereit, wird zum Schluss.
Der größte Unsicherheitsfaktor in den olympischen Planungen ist
ohnehin das für April geplante Referendum in Hamburg. Dann dürfen die
Bürger entscheiden, ob sie die Spiele wagen wollen oder lieber
verzagt am Spielfeldrand zurückbleiben. Am Ende hängt es von jedem
Hamburger ab, ob die Stadt "Feuer und Flamme" ist oder der Funke für
immer erlischt.
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Datum: 01.09.2014 - 18:00 Uhr
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