Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Streit um den Schützenkönig in Sönnern bei Werl
(ots) - Es wird Zeit, dass der Bund Historischer
Deutscher Schützenbruderschaften die Kirche im Dorf lässt. Denn da
gehört sie hin - genau wie der Schützenverein. Das Dorf hat längst
Anschluss an die Moderne. Die Menschen in Sönnern bei Werl haben kein
Problem mit einem muslimischen Schützenkönig. Und das ist gut. Ein
Problem hat und macht der Dachverband. Er entschied gestern in einer
Sondersitzung, dass der Mann zwar im Dorf die Königskette tragen,
aber an keinem Bezirksschießen teilnehmen darf. Damit schoss der
Verband in negativer Weise den Vogel ab. Fünf Jahre, nachdem ein
ähnliches Ereignis in Paderborn schon mal für Unfrieden sorgte, wäre
es richtig gewesen, endlich die Satzung zu ändern. Ganz ehrlich: Von
den erhabenen Werten »Glaube, Sitte, Heimat« ist es doch vor allem
die Heimat im Sinne des dörflichen Zusammenhalts, die im Verein und
auf den Festen gepflegt wird. Keiner prüft auch in ursprünglich
katholischen Bruderschaften, ob ein Mitglied aus der Kirche austritt,
sich scheiden lässt oder sonst kein streng bibeltreues Leben führt.
Natürlich nicht. Glaube ist Persönlichkeitsrecht. In christlichen
Kindergärten und Schulen, in der konfessionellen Jugend und selbst im
Kirchenchor sind Andersgläubige selbstverständlich dabei, sofern sie
mitmachen wollen. Nicht selten werden aus ihnen bessere Christen als
manche Pharisäer es vorgeben zu sein. Es stimmt: Mithat Gedik ist ein
Moslem. Aber was für einer? Auf Fotos wirkt der Sönnerner
Schützenkönig so westfälisch wie jeder Ur-Westfale. Im Abitur hat er
in katholischer Religion die Bestnote. Seine vier Kinder sind
getauft. Dass er selbst den letzten Schritt der Konversion noch nicht
gegangen ist - wer will es ihm vorhalten? Jesus täte das jedenfalls
nicht. Er sah stets das Gute im Menschen und hat die engstirnigen
Schriftgelehrten verurteilt. Der Bund Historischer
Schützenbruderschaften täte tun gut daran, endlich im 21. Jahrhundert
anzukommen und sich der gesellschaftlichen Aufgabe der Integration
von Zuwanderern nicht zu verweigern. Wie alle haben sich auch die
Schützen im Verlauf der Geschichte immer wieder gewandelt. Entstanden
aus den mittelalterlichen Gilden unterstützten sie in den 1830er
Jahren die freiheitlich-demokratische Bewegung des Vormärz. Später
haben sie sich gegen die Militanz der Krieger- und Kolonialvereine
und in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts gegen die
demokratiefeindlichen Wehrverbände abgegrenzt. Zu den dunklen
Kapiteln ihrer Geschichte gehört andererseits, dass die meisten
Vereine nach 1933 sehr schnell ihre jüdischen Mitglieder
ausschlossen. Es steht jedem offen, sich privat nur mit Menschen zu
treffen, die hundertprozentig seiner Meinung sind. Doch die Kirchen
und auch die Schützenvereine sind zu wichtig, als dass ihr Verhalten
nicht auch von anderen Mitgliedern der Gesellschaft kritisiert werden
darf. Deshalb der Rat an den Schützen-Dachverband: Rührt euch!
Respektiert die Meinung eurer Mitglieder!
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Datum: 06.08.2014 - 21:00 Uhr
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