Mittelbayerische Zeitung: Alle Beteiligten gehen beschädigt aus dem Prozess gegen Ecclestone hervor. Leitartikel von Katia Meyer-Tien
(ots) - Die Hände der Justiz können klebrig sein", hat
Ecclestones Verteidiger Sven Thomas gestern gesagt, "da gehen
Lebensjahre eines Mannes ins Land, die er für produktive Arbeit
nutzen könnte". Welch ein Hohn müssen diese Worte für Gerhard
Gribkowsky sein. Seit mehr als zwei Jahren sitzt der ehemalige
Vorstand der Bayerischen Landesbank im Gefängnis, rechtskräftig
verurteilt wegen Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung.
Sechs Jahre hat er noch vor sich. Weil er 44 Millionen Dollar
angenommen hat und sich dann beim Bayern-LB-Vorstand für den Verkauf
von Formel-1-Anteilen an den Investor CVC eingesetzt hat. Der Mann,
der Gribkowsky nachweislich das Geld hat zukommen lassen - und das
auch gar nicht abstreitet - ist ein freier Mann. Ein bisschen ärmer
vielleicht, aber frei. Es war nicht nur die Verteidigung von Bernard
Ecclestone, die die Einstellung des Verfahrens forderte, sondern auch
die Staatsanwaltschaft. In Zeiten überlasteter Gerichte kann das
sinnvoll sein, um Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Die
Prominenz des Angeklagten darf dem nicht im Wege stehen, und es ist
auch richtig, dass für das Münchner Oberlandesgericht die
Verurteilung von Gerhard Gribkowsky in derselben Sache und durch
dieselbe Kammer keine Rolle spielen durfte. "Die besondere Schwere
der Schuld" hätte gegen eine Einstellung sprechen können, doch es
stand Aussage gegen Aussage. Eccle-stone fühlte sich erpresst,
Gribkowsky bestochen, konkret nachweisen ließ sich bisher nichts. Und
doch hinterlässt das Prozessende einen bitteren Nachgeschmack. Da ist
zum einen die Erklärung der Staatsanwaltschaft, warum sie der
Verfahrenseinstellung zustimmte. Die hätte auch von Ecclestones
Verteidigung verfasst worden sein können. Das fortgeschrittene Alter
des Angeklagten, die lange, belastende Verfahrensdauer, die
Bereitschaft zur Mithilfe bei der Aufklärung. Nur noch die
Entschuldigung, den vielbeschäftigen Formel-1-Chef derart belästigt
zu haben, fehlte. Zum anderen ging es jenseits des Kleinkriegs
zwischen Ecclestone und Gribkowsky ja auch darum herauszufinden,
inwieweit die Strukturen der BayernLB anfällig für Einflussnahme von
außen waren. Mit Gribkowsky stand ein Kronzeuge zur Verfügung, der
für sein Geständnis, Bestechungsgelder angenommen zu haben, ins
Gefängnis ging. Mag sein, dass sich seine Bekenntnisse im weiteren
Verlauf des Prozesses als Lügen herausgestellt hätten. Mag sein, dass
Ecclestone tatsächlich erpresst wurde. Fest steht, dass Geld
geflossen ist. Viel Geld. Schon um das Warum herauszufinden, hätte
der Prozess weitergehen müssen. Diese Chance ist vertan. Und nicht
nur das. Formaljuristisch mag dieses Prozessende eine reguläre
Verfahrenseinstellung sein. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung
bleibt der Eindruck, dass es mit gut gefülltem Portemonnaie möglich
ist, sich von jedem Vorwurf freizukaufen. Bei allem Respekt dafür,
dass die Staatsanwaltschaft einem Mann, der zwar im Wochentakt um die
Erde fliegt, aber schon 83 Jahre alt ist, derart fürsorglich
begegnet, eine Frage muss sie sich gefallen lassen: Wenn sich die
Vorwürfe gegen Ecclestone während des Prozesses nicht erhärtet haben,
was sprach dann dagegen, zügig die Beweisaufnahme abzuschließen und
den Mann freisprechen zu lassen? Oder gibt es doch erhebliche Zweifel
an der Unschuld des Mannes, die sich aber nicht ohne weiteres belegen
lassen? Nimmt man dann eher die 100 Millionen, als einen Freispruch
ohne Geldstrafe zu riskieren? Statt weiter zu ermitteln, weiter zu
verhandeln? Wie man es dreht und und wendet: Dieses Prozessende, es
wird noch lange kleben. An allen Beteiligten.
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