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DBU: nachhaltige Landwirtschaft möglichst schnell entwickeln

ID: 1082178

(ots) - "Welthunger auf bestehenden Ackerflächen
stillen, Schäden für Fauna und Flora verringern"

DBU fordert Nachhaltigkeitsstandards für Landwirtschaft - Keine
Lösung ohne technischen Fortschritt

Die Bürger der Europäischen Union sind in Sorge: Rund drei Viertel
haben Angst, dass in Zukunft Nahrungsmittel fehlen, um den Bedarf der
Weltbevölkerung zu decken. Um die 2050 rund 9,1 Milliarden
Erdenbürger ausreichend zu versorgen, muss sich die
Nahrungsmittelproduktion auf der Erde nahezu verdoppeln, sagen die
Vereinten Nationen. "Wir müssen diesen Zusatzbedarf auf den heute
existierenden Ackerflächen befriedigen und gleichzeitig schädigende
Wirkungen auf Wasser, Boden, Luft, Arten und Biotope auf ein
dauerhaft tragfähiges Maß verringern. Diese Herkules-Aufgabe
bewältigt nur eine nachhaltige Landwirtschaft, die bisher nur in
Konturen erkennbar und möglichst schnell zu entwickeln ist. Wir
müssen auf bestehender Fläche effizienter wirtschaften, Erträge
steigern und gleichzeitig hohe Nachhaltigkeitsstandards einhalten.
Eine Lösung ohne die Zuhilfenahme des natürlichen biologischen und
technischen Fortschritts ist nicht vorstellbar", sagt Dr. Heinrich
Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
(DBU).

Die Stiftung, die nach ihrer gerade im sächsischen Ostritz
beendeten Internationalen Sommerakademie mit vielen hochrangigen
Experten aus Wissenschaft, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zum
Thema nachhaltige Landwirtschaft zu diesem Ergebnis kommt, sieht das
Problem und spürt den Wunsch, zu einer Änderung des Status quo
beizutragen: "Die gegenwärtige Landwirtschaft, die wie andere Teile
der Gesellschaft auch nur den technischen Fortschritt nutzt und
entsprechende Effizienzsteigerungen aufzuweisen hat, wird dafür in
Teilen der Öffentlichkeit als industrialisierte Landwirtschaft stark




kritisiert", so Bottermann. Und: "Eine klare Trennung zwischen
sachlich gerechtfertigten Kritikpunkten und emotional motivierten
Meinungen scheint derzeit kaum möglich."

Doch damit will sich die DBU nicht zufrieden geben. Für die
Zukunft mit einem allseits anerkannten Leitbild einer Nachhaltigen
Entwicklung sei es von großer Bedeutung, die Nachhaltigkeitsdefizite
der Landwirtschaft klar zu benennen, sachlich fundierte Ziele zu
definieren und praktikable Lösungsansätze für eine nachhaltige
Landwirtschaft zu erarbeiten. Die DBU hat für Deutschland und die EU
konkrete Handlungsfelder identifiziert, auch für die eigene
Förderarbeit. Um die Zukunftsaufgaben zu meistern, sei es
erforderlich, zunächst ein "umfassendes Bewertungssystem der
Nachhaltigkeit zu entwickeln und zur breiten Anwendung zu bringen,
faktenbasiert, transparent und in aggregierter Form auch für
Verbraucher verständlich und nutzbar. Das gelte insbesondere für
Kriterien der artgerechten Haltung von Tieren." Die heute üblichen
Produktionsverfahren müssten einer Nachhaltigkeitsbewertung
unterzogen und je nach Notwendigkeit Schritt für Schritt
weiterentwickelt werden unter verantwortlicher Nutzung des
technischen Fortschritts. Der Festlegung der Nachhaltigkeitsziele sei
ein breit angelegter gesellschaftlicher Diskussionsprozess
voranzustellen.

Die DBU sieht für Deutschland und die EU folgende konkrete
Handlungsfelder, von denen einige auch Handlungsfelder der
DBU-Förderung sind bzw. werden sollen: Landnutzungswandel: Ein
weiterer Landnutzungswandel ist weitestgehend zu beschränken. Das
gilt global, indem möglichst kein Naturland in Agrarland umgewandelt
wird. Auf nationaler Ebene ist der Flächenumfang von Grünland und
Ackerland stabil zu halten; bei notwendiger Umwandlung in
Siedlungsflächen ist der Saldo durch Rekultivierung vollständig
auszugleichen. Dazu bedarf es auch überregionaler Ansätze des
Flächenmanagements.

Artenrückgang in Agrarlandschaften: Vor allem das Vereinheitlichen
des Bewirtschaftens von Flächen in Zeit und Raum zum Optimieren der
Erträge reduziert die Lebensraumvielfalt von Agrarlandschaften und
damit auch die Artenvielfalt. Es sind gemeinsam mit den
Bewirtschaftern lokale Lösungen zu erarbeiten, die in Summe zu einem
Stabilisieren der Populationen typischer Arten der Agrarlandschaften
führen. Ein erster Ansatzpunkt wäre das lokale Optimieren der in
Zukunft verpflichtend vorgegebenen Greening-Maßnahmen.

Tierhaltung: Für die wichtigsten Haltungsformen für Nutztiere sind
Nachhaltigkeitsbewertungsverfahren zu entwickeln. Vor allem sind
tiergerechte und gleichzeitig emissionsarme Ställe zu entwickeln
(Ställe der Zukunft).

Verminderung der Verluste reaktiver Stickstoffverbindungen: Die in
der Tierhaltung anfallenden organischen Dünger sind eine wesentliche
Quelle für Stickstoffemissionen, die weitreichende ökologische
Wirkungen (Eutrophierung, Versauerung, Minderung der Biodiversität)
nach sich ziehen. Diese Verluste sind nach heutiger Erkenntnis nur
durch ein zeitnahes Aufbereiten der Exkremente und anschließendes
bedarfsgerechtes Verwenden der Nährstoffe zu vermeiden.
Nährstoffkreisläufe: Ohne das konsequente Rückführen der in den
Nahrungsmitteln enthaltenen Nährstoffe, d.h. deren Rückführen aus
urbanen Räumen, können Landwirtschaft und Ernährung nicht nachhaltig
sein. Hier bedarf es umfassender Verfahrensänderungen beim
Aufarbeiten von organischen Abwässern und Abfällen aller Art. Das
Rückführen darf sich nicht auf das Phosphat beschränken, sondern
sollte letztlich alle Pflanzennährstoffe einschließlich Stickstoff
umfassen. Voraussetzung für die Nährstoffrückführung ist das
Eliminieren der Schadstoffe.

Grünlandnutzung: Die Grünlandnutzung ist je nach Zielsetzung
stärker zu differenzieren in Dauergrünland zum Bereitstellen
hochwertiger Futtermittel und in Extensivgrünland mit vorrangiger
Naturschutzzielsetzung. Beide Ziele sind auf einer Fläche nicht
gleichzeitig erreichbar, wohl aber in räumlichem und betrieblichem
Verzahnen. Entsprechende Pilotvorhaben sind zu entwickeln.
Verbraucherinformation: Der Verbraucher von Nahrungsmitteln kann sich
nur dann in Richtung Nachhaltigkeit orientieren, wenn er fundierte
Angaben dazu direkt auf der Verpackung oder über einen Zugang im
Internet vorfindet. Dementsprechend sind einfache Konzepte für das
Darstellen wichtiger Indikatoren der Nachhaltigkeit zu entwickeln und
zu erproben.

Landwirtschaft sei dann nachhaltig, wenn im globalen Maßstab und
über Generationen hinweg betrachtet die Nahrungsmittelversorgung und
-qualität aller Menschen gesichert sei und die Produktivität der
Böden und die Artenvielfalt dauerhaft erhalten würden. Bottermann:
"Dazu gehört auch, dass Umweltbelastungen auf ein unvermeidbares Maß
im Rahmen der natürlichen Regenerationsmöglichkeit reduziert sind,
Tiere artgerecht gehalten werden, die ökonomische Existenzfähigkeit
landwirtschaftlicher Betriebe sichergestellt ist und die in der
Landwirtschaft tätigen Menschen gerechte und zufriedenstellende
Lebensbedingungen im Kontext ihrer Gesellschaft vorfinden." Aus
ethischer Sicht unstrittig sei die Rangfolge der Nutzungen:
"Nahrungsmittel haben Vorrang vor Futtermitteln, diese vor der
stofflichen und schließlich der energetischen Nutzung von Biomasse."
Fast überall auf der Welt sei die Landwirtschaft noch mehr oder
weniger weit von diesem Leitbild entfernt. Die abnehmenden
Nährstoffgehalte vieler Böden in Afrika, die Versalzung und
übermäßige Nutzung fossiler Wasserreserven in Dürre-Gebieten und die
Stickstoffüberschüsse in Ostasien seien Beispiele dafür. In
Mitteleuropa, einer im globalen Maßstab günstigen Region für
Landwirtschaft, seien der Artenrückgang in der Agrarlandschaft und
die Stickstoffüberschüsse beim konventionellen Bewirtschaften als
wichtigste Nachhaltigkeitsdefizite zu nennen. Aber auch der
Ökolandbau, der bei diesen Kriterien die Anforderungen der
Nachhaltigkeit sehr gut erfüllt, habe bisher ungelöste
Nachhaltigkeitsprobleme in Form systembedingter Rückgänge der
Phosphor- und Kaliumgehalte der Böden und der ungenügenden
Flächeneffizienz, die bei stärkerem Ausdehnen zu Lasten bisher nicht
genutzter Naturlandschaften gehe.

Mit Blick in die Zukunft stehe die globale Landwirtschaft vor
einer großen Herausforderung. Bottermann: "Einer global stark
steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln mit hohen Ansprüchen an
Qualität und günstigen Preisen und gleichzeitig steigendem Bedarf
nach Futtermitteln sowie nach Rohstoffen zur industriellen und
energetischen Nutzung stehen weltweit nur begrenzte Flächenressourcen
gegenüber. Aus Nachhaltigkeitsgründen kommt ein Landnutzungswandel,
d.h. das Umwandeln von Flächen mit natürlichen Ökosystemen wie
Regenwälder, Savannen und Moore, aufgrund des damit einhergehenden
Freisetzens von Treibhausgasen und der negativen Wirkungen auf die
Biodiversität nicht in Frage. Deutschland kann mit seinem besonders
hohen Innovationspotenzial einen Beitrag zur Entwicklung einer
nachhaltigen Landwirtschaft leisten."



Pressekontakt:
Ansprechpartner
Franz-Georg Elpers
- Pressesprecher -
Anneliese Grabara

Kontakt DBU
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Telefon:0541|9633-521
Telefax:0541|9633-198
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Datum: 09.07.2014 - 10:00 Uhr
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