Westdeutsche Zeitung: Uli Hoeneß verzichtet auf Revision und tritt ab - Rückkehr nicht ausgeschlossen
Ein Kommentar von Olaf Kupfer
(ots) - Es dauerte eine Nacht, bis Uli Hoeneß wieder
seinen Kompass gefunden hat. Der ihn bislang sicher durch sein Leben
führte. Und der ihm in seinem zweiten Leben, in dem der von allen
hofierte Hoeneß seine eigenen Regeln aufgestellt hatte, verloren
gegangen war. Gestern Morgen hatte er die Hoheit über all die Häme,
die seit Monaten durch die reale und virtuelle Welt waberte, ein
Stück weit zurückerobert. Keine Revision, kein Gezeter, klare Kante,
auf in die Resozialisierung. Mit einer solchen Entschlusskraft hat
man kaum mehr gerechnet. Das nötigt vielen Respekt ab. Wie so oft in
solchen Fällen, kippt irgendwann die Stimmung hin zu Mitleid oder gar
zu Achtung.
Dass man Hoeneß' Sinneswandel auch kalkuliert finden könnte, wird
ihn ob seiner von Angriffslust und Meinungsführerschaft geprägten
Vergangenheit kaum wundern. Nüchtern betrachtet wäre der 62-Jährige
selbst mit einer erfolgreichen Revision das Risiko eingegangen, in
einer neuen Verhandlung noch ärger durchleuchtet und auch verurteilt
zu werden. Und: Vielleicht hat er mit seinem Schritt selbst jene
Jäger milde stimmen können, die zu fragen beginnen, wie die für seine
Zockereien vom ehemaligen adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus geliehenen
Gelder mit dem späteren Einstieg des Unternehmens beim FC Bayern
zusammenhängen.
Vielleicht ist es aber auch so: Dass da einer einen Schlussstrich
ziehen und zur Ehrlichkeit zurückkehren will. Ohne Umschweife,
bedingungslos. So wurde der Fall im Freistaat Bayern, wo die Dinge
folkloristischer laufen als im Rest der Republik, denn gestern auch
schnell bewertet. Was das wohl für den FC Bayern heißt?
Der Club stellt sich scheinbar neu auf, aber die Protagonisten wie
der kommissarische Aufsichtsratschef Herbert Hainer oder der
potenzielle neue Präsident Karl Hopfner sind angesichts ihrer
Tätigkeit (Hainer führt adidas) oder der fehlenden Ausstrahlung
(Hopfner) kaum Ersatz für Hoeneß. Dem ist zuzutrauen, den Wind noch
ein letztes Mal zu drehen. Man sollte es nicht für unmöglich halten,
dass Hoeneß mit dem gestrigen Schritt seine triumphale Rückkehr
vorbereitet hat. Es ist wahrlich keine Floskel: Nichts ist so
schnelllebig wie der Fußball.
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Datum: 14.03.2014 - 18:15 Uhr
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