Niersbach plant: Wir wollen Hitzlsperger in den Verband einbinden - Der DFB-Präsident nimmt Katar in die Pflicht: Sie müssen die Probleme ernst nehmen
(ots) - In Sky90 - die KIA Fußballdebatte äußerten
sich u.a. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Sky Experte Jens
Lehmann zum aktuellen Geschehen in der Fußball-Welt.
Wolfgang Niersbach...
...über das Outing von Thomas Hitzlsperger: "Aufmerksamkeit ist
klar, aber ich hätte mir das medial ein paar Etagen tiefer gewünscht.
Ich fand das teilweise völlig überzogen, weil das für mich ein Stück
Normalität ist. Wir haben aus Sicht des Verbandes immer gesagt, aber
das ist auch meine persönliche Überzeugung: Es ist die Entscheidung
eines jeden Einzelnen. Wenn jemand diesen Schritt macht, dann kann er
davon ausgehen, dass er unsere volle Unterstützung besitzt und
unseren Respekt weiter genießt. Wir waren vorher informiert und er
hat mich nachher nochmal angerufen. Er hat sich vorgenommen, zum
Länderspiel am 5.März in Stuttgart gegen Chile zu kommen: Dann wollen
wir auch darüber sprechen, in wie weit wir ihn mit den Erfahrungen,
die er gemacht hat, in den Verband einbinden können, um dann weiteren
zu helfen. Unser Wunsch wäre, dass man damit genauso normal umgeht
wie bei Künstlern, Politikern, Schauspielern und anderen
Persönlichkeiten des öffentlichen Interesses. Wir stehen
freundschaftlich an seiner Seite."
...über die jüngsten Fan-Randale: "Das Thema hat uns in all den
Jahren nie ganz losgelassen. Präventiv macht kein anderes Land so
viel wie wir. Die Fanprojekte machen hervorragende Arbeit: Sie haben
Einfluss auf Leute im Stadion, die schwanken. Durch ihre Arbeit,
können sie diese auf ihre Seite herüberziehen. Aber es gibt immer
einen Rest, der einfach nicht angesprochen werden will, wo der Dialog
nicht mehr hilft, wo nur noch Sanktionen helfen. Was will ein Verein
wie Schalke 04 machen, wenn es unter dem Aufhänger Fußball in der
Kölner Innenstadt etwas passiert? Das sind Straftaten von
Kriminellen. Man muss ganz klar sagen, dass ein sehr schwieriger
Punkt erreicht ist. Es geht darum, dass die Leute, die die große
Masse an friedfertigen Fans in Misskredit bringen, identifiziert und
hart bestraft werden. Ich würde für wirksam halten, dass stärker als
bisher durchgesetzt wird, dass Leute, die als Krawalltäter
identifiziert werden, die Auflage bekommen, sich beim Polizeirevier
ihrer Heimatstadt melden, wenn ein Auswärtsspiel ansteht. Das wäre
präventiv eine sehr geeignete Maßnahme."
...über die Toten auf den WM-Baustellen in Katar: "Man muss höchst
beunruhigt sein. Ich muss zugeben, dass ich das Thema der
offensichtlich unwürdigen Arbeitsbedingungen bis zum letzten Herbst
auch nicht kannte. Damals ist über Katar mit anderen Argumenten
diskutiert worden. Das kommt jetzt erschwerend hinzu. Die
Entscheidung ist im Jahre 2010 über eine Abstimmung auf
demokratischen Weg mit 14:8 herbeigeführt worden. Das steht. Die Fifa
hat eine Untersuchung eingeleitet, ob irgendetwas unsauber gelaufen
ist. Wenn ich richtig informiert bin, wird man zu dem Ergebnis
kommen: nein. Dann steht diese Entscheidung. Aber was die
Arbeitsbedingungen betrifft: Meines Erachtens muss Katar da tätig
werden, denn wenn dieses Ereignis auch für das Image des Landes ein
Erfolg werden soll, dann müssen die das höchst ernst nehmen. Wenn das
so stimmt, ist das schockierend."
...auf die Frage, ob der DFB seinen Einfluss nutzen werde, Katar
die WM zu entziehen: "Was ist der Einfluss des DFB? Wir haben auch
nur eine Stimme. In dem Moment, wo ich auf den Tisch schlage, sagen
35 aus der Karibik: Wir sind dafür. So sind viele Entscheidungen
zustande gekommen. Was die Gesamtbedingungen anbetrifft: Es ist nicht
nur die Hitze, es ist auch die Größe des Landes, das flächenmäßig
kleiner ist als Hessen. Mit hat vor der Entscheidung 2010 auch die
Vorstellungskraft gefehlt, dass man eine solche Entscheidung
herbeiführt. Aber sie ist gefallen, und sie ist, so weit ich weiß,
unter korrekten Bedingungen gefallen. Der größte Fehler war, die
Turniere 2018 und 2022 zu koppeln. Dass da wechselseitig Absprachen
getroffen werden, ist naheliegend. Wenn es darum geht, einen
Alternativtermin zu finden: Frühjahr 2022 scheidet aus wegen
Winter-Olympia. Also muss man den Blick mehr nach hinten richten. Im
Moment bleibt noch Zeit, die offenen Fragen, die uns quälen, zu
beantworten. Zum Beispiel Confederations Cup: Den braucht man im Jahr
davor wirklich nicht dort zu spielen. Das ist eine ganz schwierige
Gemengenlage."
...auf die Frage, ob man dem FC Bayern schon zur Meisterschaft
gratulieren könne: "Gratulieren wäre voreilig und respektlos. Aber
wenn man das Spiel am Freitagabend gesehen hat, muss man sagen: Die
Art und Weise, wie Bayern aufspielt, ist phänomenal. Die machen auch
keine Fehler. Der einzige Punkt ist die Effektivität vorne."
Jens Lehmann...
...auf die Frage, wie er reagiert hätte, wenn er während seiner
aktiven Karriere von Thomas Hitzlspergers Homosexualität gewusst
hätte: "Komisch, glaube ich. Man duscht jeden Tag zusammen, man hat
Phasen, in denen es nicht so läuft. Aber Thomas Hitzlsperger ist ein
Spieler, der erstens sehr intelligent ist, und zweitens von seiner
Spielweise überhaupt nicht den Anlass gegeben hätte, dass da man
hätte denken können, da ist irgendetwas. Man assoziiert ja mit
Homosexuellen leider immer, dass sie etwas weicher sind. Bei ihm war
das nicht so. Trotzdem ist es innerhalb einer Fußballmannschaft
undenkbar, dass das jemand das preisgibt. Ich weiß nicht, was ich
gedacht hätte, wenn ich mit jemand zusammengespielt hätte, den ich
tagtäglich gesehen hätte: beim Duschen, in Zweikämpfen. Niemand kann
seine Gedanken kontrollieren. Was ich mit Sicherheit gewusst hätte,
ist, dass es einige gegeben hätte, sei es Konkurrenten oder andere in
der Kabine, die permanent Witze darüber gemacht hätten. Es ist nicht
so, dass da 25 hoch Intellektuelle rumlaufen, die darüber
diskutieren, ob jemand schwul ist oder nicht. Fußball ist eine
Männersache, da muss man nicht so viel nachdenken. Und die Zuschauer
in den Stadien kann man auch nicht kontrollieren. Ob man sich das als
Betroffener antun muss?"
...auf die Frage, ob er es für möglich hält, dass sich ein aktiver
Fußballer als homosexuell outet: "Wenn ein Spieler das machen würde,
wäre er blöd. Er kann nicht voraussehen, was passiert. Das kann man
den Leuten nicht raten, die hätten keinen Spaß mehr daran, Fußball zu
spielen. Es kann zu unvorhersehbaren Reaktionen kommen, vor allem bei
Auswärtsspielen. Warum auch? Es hat niemand etwas daran gewonnen, es
ist Privatsache."
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Datum: 26.01.2014 - 21:31 Uhr
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