Westdeutsche Zeitung:Über die Pflicht der redlichen Anhänger
Ein Kommentar von Olaf Kupfer
(ots) - Die Szene in Köln war gespenstisch. Das Kind
drehte sich immer wieder und beobachtete: Drei Hooligans standen am
Samstag still an ein Schaufenster gelehnt. Sie bluteten heftig, waren
eingekesselt von Polizisten. "Papa, was ist denn da los?" "Nichts",
sagte der Vater und zog die Tochter davon. "Komm jetzt schnell."
Ja, was ist da eigentlich passiert? Wie einem Kind erklären, was
schon dem Erwachsenen nicht verständlich ist? Da verabreden sich
Menschen in der Kölner Innenstadt und prügeln aufeinander ein.
Gefährden Umstehende, zerstören fremdes Eigentum, verursachen
Staatskosten, bringen eine Hundertschaft von Polizisten in Bewegung.
Und am Ende ist einer von ihnen fast tot.
Mit dem Freundschaftsspiel, das am Samstag zwischen Köln und
Schalke stattfand, hat das alles wenig zu tun. Der Fußball ist nicht
einmal mehr Bühne, er konstituiert allenfalls noch die Gruppen von
tumben Schlägern, die sich prügeln wollen, weil sie entweder die
existenziellen Verhaltensregeln einer Gesellschaft als verloren
erklärt oder sich selbst verloren haben.
Klar ist aber auch: Der Vorfall von Köln geschieht so oder ähnlich
immer wieder, nicht immer wird darüber berichtet. Hooligans
interessiert ihre Außendarstellung nicht, sie treffen sich - selten
in Innenstädten - und argumentieren, kein Außenst*ehender wäre
betroffen.
Der Vorfall von Köln erweckt aus zwei Gründen enormes Interesse.
Erstens wäre fast ein Beteiligter gestorben, zweitens sind just in
Berlin Fußball-Fans und Ultras mit Politikern, Polizei und
Fußball-Funktionären im Dialog, um die zunehmende Sprachlosigkeit
zwischen Anhängern und Polizei zu beenden. Zentrales Thema: Die Fans
wollen nicht alle in einen Topf geworfen werden, fühlen sich
gedemütigt und eingeengt, sehen den Kommerz über ihre Lust am Fußball
siegen. Das Thema der Polizei ist simpler, es verallgemeinert, aber
ist doch verständlich: Für die Polizei sind zu viele Anhänger
schlicht gewaltbereit.
Die einzige Lösung ist ein Selbstreinigungsprozess in der Szene.
Redlich argumentierende und nicht kriminelle Fans müssen sich
distanzieren. Ihr Verein wird helfen. Bereitschaft und Courage können
nur aus der Szene selbst kommen.
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Datum: 19.01.2014 - 20:02 Uhr
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