HAMBURGER ABENDBLATT: Inlandspresse, Hamburger Abendblatt zu Bildungsföderalismus und Lehrern
(ots) - Ein Kommentar von Egbert Nießler
Wenn es in einem Fußballverein heißt, der Trainer erreicht die
Mannschaft nicht mehr, ist für gewöhnlich der Tag der Entlassung
gekommen. Würde ein Trainer von sich aus sagen, dass sein Einfluss
auf die Spieler äußerst bescheiden sei, kämen Zweifel an seiner
beruflichen Eignung auf. In Deutschland glaubt nur jeder zweite
Lehrer, dass er entscheidenden Einfluss auf seine Schüler hat. Viel
mehr würden die sich an Medien oder ihren Freunden orientieren. Das
muss so nicht stimmen, denn es ist nur der Eindruck der Pädagogen.
Sie sind deswegen auch nicht automatisch unfähig oder müssten
entlassen werden. Ein Alarmsignal, dass etwas mit der pädagogischen
Ausbildung, dem Selbstverständnis der Lehrer und ihrem
gesellschaftlichen Ansehen nicht stimmt, ist es aber allemal. Dass
dies so ist, hat seine Gründe. Traditionell liegt der Schwerpunkt in
der Lehrerausbildung auf den wissenschaftlichen Aspekten, nicht auf
den viel wichtigeren pädagogischen. Statt diesen Zustand zu ändern,
beschäftigen sich Bildungsreformer in Deutschland hauptsächlich mit
Strukturfragen. Darüber, wie vielgliedrig das System sein sollte, wie
lange Kinder zusammen lernen sollten oder wie eine Schulform heißt,
wird mit geradezu religiöser Inbrunst gestritten. Das wiederum liegt
zu einem großen Teil daran, dass Bildungspolitik Ländersache ist.
Jedes Bundesland bastelt nach jedem Machtwechsel am Schulsystem. Die
Folge ist ein Flickenteppich, der ungeheuer viel Zeit und Kraft
absorbiert und niemandem nützt - außer den zuständigen
Kultusbürokraten. Diese sind auch ziemlich die Einzigen, die an
diesem Zustand festhalten wollen. Die Mehrheit der Eltern und der
Lehrer spricht sich für zentrale Prüfungen und mehr Vereinheitlichung
im System aus. Zudem erwarten viele Eltern von den Lehrern das
Kunststück, ihre Kinder möglichst in Ruhe zu lassen, aber trotzdem
häusliche Erziehungsdefizite auszugleichen. Die gesamte Gesellschaft
wiederum verlagert Integrationsaufgaben in die Schulen, die diese
nicht leisten können. Folglich sinkt das öffentliche Ansehen der
Lehrer. Ein Land, das mangels anderer Rohstoffe seine ganze Kraft und
seine Zukunft aus Bildung schöpft, muss dieser auch oberste Priorität
einräumen. Lehrer verdienen höchste Anerkennung, beste
Ausbildungsmöglichkeiten und ein organisatorisches Umfeld, das sich
nicht nur ständig mit sich selbst beschäftigt. Ihnen, unserer Kinder
und unserer Zukunft zuliebe.
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Datum: 19.04.2011 - 17:08 Uhr
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